- In Israel sind am Sonntagabend abermals Zehntausende in verschiedenen Städten auf die Strassen gegangen.
- Im Parlament hat währenddessen die Debatte über die umstrittene Justizreform begonnen.
- Nicht nur Gegnerinnen und Gegner demonstrierten. Auch die Befürworterinnen und Befürworter mobilisierten gemäss Agenturberichten mehrere Zehntausend Menschen.
Schon heute Montag könnte im Parlament über die Justizreform abgestimmt werden. Staatspräsident Iza-ak Herzog versuchte im letzten Moment noch einen Kompromiss zwischen Regierung und Opposition zu erreichen.
Am Sonntagabend traf er nach Angaben seines Büros dazu Regierungschef Benjamin Netanjahu. Anschliessend wollte er auch mit den Oppositionsführern Jair Lapid und Benny Gantz zusammenkommen. «Eine Einigung muss erzielt werden», forderte Herzog.
Das Parlament in Jerusalem begann am Sonntag eine Marathonsitzung, um über ein Kernelement der umstrittenen Pläne abschliessend zu beraten. Möglicherweise wird schon an diesem Montag darüber abgestimmt.
Befürworter und Gegner gehen auf die Strasse
Während in der Küstenstadt Tel Aviv Zehntausende Unterstützer des geplanten Justizumbaus zusammenkamen, versammelten sich in der Hauptstadt Jerusalem Zehntausende, die dem Vorhaben ablehnend gegenüberstehen. In Jerusalem hatte zudem am Sonntagmittag eine Demonstration für einen Konsens beider Lager stattgefunden.
Medienberichten zufolge griffen Befürworter der Justizreform einen Journalisten und dessen Kamerateam aus zunächst ungeklärter Ursache an. Den Angaben nach kamen viele der Demonstranten mit Bussen aus anderen Orten des Landes sowie Siedlungen im besetzten Westjordanland in das als liberal geltende Tel Aviv.
Netanjahu im Spital
Das Treffen von Netanjahu und Herzog fand Medienberichten zufolge im Krankenhaus statt. Der 73-Jährige bekam nur wenige Stunden vor Beginn der Beratungen im Krankenhaus einen Herzschrittmacher eingesetzt. Nach Angaben der Ärzte überstand er den Eingriff gut.
Vergangenes Wochenende war Netanjahu überraschend ins Spital eingeliefert worden. Damals hiess es, er sei zu lange ohne Wasser und Kopfbedeckung in der Sonne gewesen. Offen war, ob er rechtzeitig zur Abstimmung in der Knesset sein kann. In einem kurzen Video nach der OP versprach er, dabei zu sein. Erwartet wird, dass er heute Montag aus der Klinik entlassen wird.
Rechtsanwaltskammer will gegen Gesetz vorgehen
Dem höchsten Gericht des Landes soll es mit dem Gesetz nicht mehr möglich sein, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten.
Kritiker fürchten, dass dies Korruption und die willkürliche Besetzung wichtiger Posten und Entlassungen begünstigt. Die Netanjahu-Regierung wirft der Justiz dagegen vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen.
Der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer, Amit Becher, kündigte an, bei einer Verabschiedung juristisch gegen das Gesetz vorzugehen.