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Katerstimmung nach Wahlen in Sachsen und Thüringen
Aus Tagesschau vom 02.09.2024.

Landtagswahlen Wahlsieg der Populisten

Niemand kann sagen, man hätte das Erdbeben nicht kommen sehen. Die tektonische Verschiebung in der politischen Landschaft hat sich lange angekündigt. Über ein Drittel der Wählerinnen und Wähler in Thüringen und Sachsen haben ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland (AfD) gemacht, längst nicht mehr nur aus Protest, sondern aus Überzeugung.

Nahaufnahme eines Mannes in einem Anzug, der an einem Holzpaneel vorbei geht.
Legende: Björn Höcke ist bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen der Wahlsieger. Ministerpräsident wird er aber wohl nicht. REUTERS/Thilo Schmülgen

Das waren nicht nur wie bisher die sogenannt «alten weissen Männer». Die AfD punktet insbesondere bei den 18- bis 24-Jährigen. Mit viel Anti-Ampel-Rhetorik, dem Schüren von Ressentiments und Themen wie Frieden und Migration, die gar nicht auf Landesebene verhandelt werden.

Neue Macht

Die AfD ist in Thüringen mit 32.8 Prozent der Wählerstimmen mit Abstand die stärkste Kraft geworden, in Sachsen liegt sie mit 30.6 Prozent knapp hinter der CDU. Auch wenn die AfD nun den Eindruck vermittelt, dass ohne sie nichts mehr gehe im Osten: In Regierungsverantwortung wird die extreme Rechte kaum kommen, da keine der traditionellen Parteien mit der in den beiden Bundesländern nachweislich rechtsextremistischen AfD eine Koalition eingehen will.

Björn Höcke wird damit kaum Ministerpräsident. Der Landeschef hat in seinem Wahlkreis gegen den CDU-Kandidaten verloren und kann nur über die Landesliste in den Thüringer Landtag einziehen. Doch auch wenn die AfD Oppositionspartei bleibt, mit 33 Prozent der Mandate im Landtag in Thüringen hat die Partei eine Sperrminorität. Verfassungsänderungen oder die Nominierung von Richtern brauchen eine Zweidrittelmehrheit. Eigentlich als Schutzmechanismus gedacht, kann die AfD die Sperrminorität künftig als Druckmittel benutzen oder Vorhaben blockieren.

Desaster für die Ampelparteien

Für die Parteien der Ampelkoalition im Bund war es ein desaströser Wahlabend, SPD, Grüne und FDP kommen zusammen auf knapp ein Drittel der Stimmen der AfD. In Thüringen fliegen die Grünen aus dem Landtag, in Sachsen können sie sich hauchdünn über der 5-Prozent-Hürde halten. Die krachende Niederlage ist die Quittung für die zusehends floskelhafte Politik einer dauerhaft zerstrittenen Ampelkoalition, ein Misstrauensvotum.

Die desaströsen Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen werden die Troika nun nicht gleich aus der Kurve tragen, doch die Ampel ist angezählt. Selbst aus den eigenen Reihen wird gestänkert, dass sie ihre Legitimation verloren habe. Was sicher ist: Für die dritte und letzte der Landtagswahlen im Osten, am 22. September in Brandenburg, muss insbesondere die SPD ihre Anstrengungen verdoppeln. Mit Dietmar Woidke stellt sie dort den Ministerpräsidenten.

(Un)mögliche Koalitionen

Da neben der AfD auch das erst vor wenigen Monaten von Sahra Wagenknecht gegründete Bündnis mitmischt, betreten die Landtage Neuland, was die Bildung von Koalitionen angeht. Die CDU als stärkste der etablierten Parteien wird sich gehörig verbiegen müssen. In Thüringen ist eine Regierung ohne BSW und ohne die Linke nicht möglich. Die CDU wird auf ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken zurückkommen müssen. In Sachsen hat die bisherige Kenia-Koalition (CDU, SPD und Grüne) ebenfalls keine Mehrheit mehr, auch hier ist das BSW von Sahra Wagenknecht Königsmacherin.

Alexandra Gubser

Deutschland-Korrespondentin

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Alexandra Gubser ist seit Sommer 2022 Deutschland-Korrespondentin von SRF. Zuvor berichtete Gubser aus Frankreich. Sie ist seit 2008 für das Unternehmen als Produzentin, Redaktorin und Reporterin der «Tagesschau» tätig. Davor arbeitete sie für Medien wie «TeleZüri» oder «Radio 24».

Tagesschau, 1.9.2024, 19:30 Uhr

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