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Hochrechnung Landtagswahlen Thüringen und Sachsen
Aus Tagesschau vom 01.09.2024.
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Landtagswahlen in Deutschland AfD in Thüringen stärkste Partei – in Sachsen knapp hinter CDU

  • Die rechtspopulistische AfD ist zum ersten Mal bei einer Landtagswahl (Parlamentswahl) in Deutschland stärkste Kraft.
  • So kam die AfD in Thüringen nach Auszählung aller Stimmen auf 32.8 Prozent.
  • Laut offiziellen Angaben kommt die AfD in Sachsen auf 30.6 Prozent, knapp stärkste Kraft ist die CDU mit 31.9 Prozent.
  • Die Regierungsbildung könnte in den beiden ostdeutschen Bundesländern schwierig werden.

In Thüringen kam die CDU laut offiziellen Angaben mit 23.6 Prozent auf den zweiten Platz. Wahrscheinlich wird sie damit eine neue Regierung anführen, da alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen haben.

Einschätzung von SRF-Korrespondentin Simone Fatzer

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«Wenn die Parteien an dem AfD-Ausschluss festhalten, weil es eine verfassungsfeindliche Partei ist, wird das Finden einer Regierungsmehrheit in Thüringen sehr schwierig. Und das tun sie auch. Sahra Wagenknecht hat das bereits wiederholt, es gebe kein Zusammengehen. Dann braucht es praktisch auf Biegen und Brechen einen grossen Zusammenschluss der anderen Parteien. Die CDU als stärkste Partei im demokratischen Spektrum muss für eine stabile Mehrheit wohl mit Sahra Wagenknecht regieren, einer ehemaligen Kommunistin, die als Bundespolitikerin in Thüringen Mitsprache bei den Verhandlungen verlangt, die ein Bekenntnis gegen Waffenlieferungen an die Ukraine verlangt. Der Bundespartei der CDU wird das Blut in den Adern gefrieren ob dieser Vorstellung, aber an der AfD vorbei wird es womöglich nicht anders gehen. Man stellt sich besser auf sehr lange Regierungsverhandlungen ein.»

Drittstärkste Kraft ist demnach das neu gegründete und von der Linken abgespaltete Bündnis Sahra Wagenknecht BSW, mit 15.8 Prozent. Die Linkspartei des amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow kam auf 13.1 Prozent.

In Sachsen wurde das BSW nach Auszählung aller Stimmen aus dem Stand drittstärkste Partei mit 11.8 Prozent. Die derzeitigen Koalitionspartner der CDU – SPD und Grüne – müssen Verluste hinnehmen. Die SPD kam auf unter acht Prozent, die Grünen auf 5.1 Prozent und würden damit den Sprung in den Dresdner Landtag knapp wieder schaffen. Die FDP scheiterte erneut an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Linke verpasste den Wiedereinzug in den Landtag.

Die Stimmung im Wahlkampf war angesichts der Polarisierung aufgeheizt. In der Universitätsstadt Jena (Thüringen) verhinderten Demonstranten Mitte August mit Sitzblockaden und Sprechchören einen Wahlkampf-Auftritt von AfD-Rechtsaussen Björn Höcke. In Sachsen kam es nach Angaben des dortigen Innenministeriums in diesem Jahr bereits zu rund 900 politisch motivierten Straftaten im Zusammenhang mit den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen.

Migrationsfrage dominiert

Für die sogenannte «Ampel»-Koalition des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) wurden die von den Meinungsforschern recht gut vorausgesagten Ergebnisse ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl zum erwarteten Denkzettel. Die Gründe sind vielfältig, doch dürfte das Thema Migration an erster Stelle stehen. Die Unterbringung der Zuwanderer überfordert Gemeinden und Landkreise. Gewalttaten wie kürzlich in Solingen, wo ein eigentlich ausreisepflichtiger abgelehnter Asylbewerber aus Syrien drei Menschen ermordete und acht weitere verletzte, heizten die Stimmung zusätzlich an.

Reaktionen der Gewinner und Verlierer

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Legende: Björn Höcke, Partei- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen und Spitzenkandidat, geht nach der Prognose um 18 Uhr durch den Landtag. KEYSTONE/DPA/Michael Kappeler

Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt sieht im Wahlergebnis eine politische Herausforderung. Das sei auch eine Chance für den Wechsel unter Führung der CDU, sagte Voigt im ZDF.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert fordert von seiner Partei – einschliesslich von Kanzler Olaf Scholz – eine bessere Kommunikation. «Wir müssen viel mehr werben um unseren Politikansatz. Und auch zuhören bei denjenigen, die an manchen Stellen nicht mitgehen und auch manche Lehren daraus ziehen», sagt Kühnert in der ARD.

Die AfD-Co-Bundesvorsitzende Alice Weidel wertet den voraussichtlichen Wahlsieg ihrer Partei in Thüringen als historisch. «Wir sind erstmals bei den Landtagswahlen stärkste Kraft geworden», sagt Weidel im ARD-Fernsehen. Auch in Sachsen habe die AfD ein noch stärkeres Ergebnis eingezielt als bei den letzten Wahlen. «Es ist gleichzeitig auch eine Strafung der Ampel», sagt Weidel.

Die frühere Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht beansprucht für ihre Partei BSW eine Regierungsbeteiligung in Sachsen. «Wir hoffen sehr, dass wir am Ende mit der CDU eine gute Regierung zustandebekommen», sagt Wagenknecht in der ARD. Für die erforderliche Mehrheit werde nach Stand der Hochrechnungen am Ende wahrscheinlich auch die SPD mit dabei sein.

«Brauchen wir grundsätzlich eine andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen zu uns kommen?» – diese Frage wurde in einer am Wahlabend von der ARD veröffentlichten Umfrage von Infratest dimap von 81 Prozent der Befragten in Sachsen und Thüringen bejaht. 36 Prozent der AfD-Wähler sagten dem Institut, dass das Thema Zuwanderung für ihre Wahlentscheidung die grösste Rolle gespielt habe. 35 Prozent nannten Kriminalität und innere Sicherheit.

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Archiv: Sachsen und Thüringen vor den Landtagswahlen
Aus Tagesschau vom 31.08.2024.
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Tagesschau, 01.09.2024, 19:30 Uhr ; 

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