Nationalfeiertag in Katalonien: Seit bald 40 Jahren wird jeweils am 11. September der «Diada Nacional de Catalunya» in der katalanischen Metropole Barcelona von riesigen Menschenaufmarsch begleitet – stets geht es dabei um die Unabhängigkeit. Doch dieses Jahr dürften die Proteste etwas leiser ausfallen: Der Kampf für die Loslösung Kataloniens vom spanischen Staat steckt rund zwei Jahre nach dem Unabhängigkeitsreferendum fest.
Historische Gründe: Der «Diada» geht auf die Kapitulation Barcelonas vor den Truppen des Bourbonen Philipp von Anjou im Jahr 1714 zurück. Mit der Niederlage im spanischen Erbfolgekrieg endete auch die katalanische Selbstverwaltung des damaligen Fürstentums, die katalanischen Institutionen wurden aufgelöst. «In den Augen vieler Unabhängigkeitsbefürworter besteht diese Schmach bis heute», sagt die seit 15 Jahren in Barcelona lebende Journalistin Julia Macher.
Hunderttausende Demonstrierende: Vor einem Jahr nahm bis zu eine Million Katalanen am Demonstrationszug des Nationalfeiertags teil, dieses Jahr meldeten sich im Vorfeld noch rund 400'000 Personen an. Während der Nationalfeiertag in den vergangenen Jahren stets mittels medienwirksamer Performances – wie Menschenketten durch die ganze Provinz – abgehalten wurde, sei jetzt von Euphorie nichts mehr zu spüren, sagt Macher. «Und das liegt nicht nur am für heute angekündigten Regen.»
Politikmüde Katalanen: Viele Katalanen seien zunehmend frustiert – nicht nur ob der Politik Madrids, sondern auch ob der Politik, wie sie aus der katalanischen Hauptstadt Barcelona kommt, weiss die Journalistin. Zwar unterstützten gemäss Umfragen immer noch bis zu 49 Prozent der Katalanen die Unabhängigkeit von Spanien. Doch die beiden grössten Unabhängigkeitsparteien in Barcelona sind völlig zerstritten, es fehlt eine gemeinsame Strategie für das weitere Vorgehen in Richtung Loslösung von Spanien.
Langer Atem nötig: «Der Traum von der Unabhängigkeit im Schnellverfahren ist definitiv geplatzt», bilanziert Macher die Entwicklung der letzten zwei Jahre. Die katalanische Regierung von Quim Torra gibt sich gegen aussen zwar glühend-nationalistisch. Doch tatsächlich verfolgt sie eine realistischere und pragmatischere Gangart, um irgendwann doch noch die Unabhängigkeit Kataloniens herbeizuführen. Bezeichnend dafür ist die Aussage des katalanischen Vizepräsidenten in einem Interview: Natürlich arbeite er weiter an der Unabhängigkeit Kataloniens. Ob diese aber in zehn, dreissig oder noch mehr Jahren Realität werde, wollte er nicht sagen.