Leihmutterschaft ist in der Schweiz verboten. Deshalb weichen Paare mit Kinderwunsch häufig ins Ausland aus, auch nach Griechenland. Ein Team von Reportern der «Zeit Online» hat die Umstände untersucht, unter denen sich Frauen in Griechenland auf eine Leihmutterschaft einlassen. Zacharias Zacharakis war bei den Recherchen dabei und sagt, wo die Problematik liegt.
SRF News: Inwiefern arbeiten Kinderwunsch-Kliniken in Griechenland illegal?
Zacharias Zacharakis: Wenn man sich die ganze Anbahnung ansieht, dann ist von vornherein klar, dass der altruistische Gedanke, der im griechischen Gesetz zu Leihmutterschaft enthalten ist, nicht erfüllt werden kann. Paare aus dem Ausland reisen an und finden eine Frau, die ein Kind für sie austrägt. Das Ganze soll ohne Honorar ablaufen.
Uns wurde eine potenzielle Leihmutter vorgestellt.
Warum sollte eine Frau so etwas für ein Paar machen, das sie nicht kennt? Hinzu kommt, dass diese Kliniken Frauen gar nicht vermitteln dürften. Das haben wir schon im Vorfeld durch verschiedene Quellen erfahren.
Sie haben als deutsches Paar unter falschem Namen eine solche Klinik in Griechenland aufgesucht. Was haben Sie erlebt?
Man kann sagen, die medizinische Ausstattung der Klinik war in Ordnung, soweit wir das beurteilen konnten. Was wir da erlebt haben, war doch sehr problematisch. Uns wurde eine potenzielle Leihmutter vorgestellt. Diese Frau war im vierten Monat schwanger, nach ihrer Auskunft für ein deutsches Paar. Wir haben uns mit dieser Frau unterhalten können, doch das Ganze fand in einer angespannten Atmosphäre statt. Sie konnte nicht frei sprechen. Es war eine Frau aus Bulgarien.
Leihmütter werden medizinisch eng begleitet oder fast überwacht. Werden die Frauen dafür entschädigt und sind sie irgendwie abgesichert?
Rechtlich ist es so, dass die Frauen keine Kosten tragen sollen. Im Prinzip kommen die Klinik und natürlich die Auftraggeber für alle medizinischen Kosten auf. Wie weit das reicht, beispielsweise bei einer Fehlgeburt oder bei medizinischen Behandlungen, das ist vollkommen unklar.
Ihre Recherche hat ergeben, dass Leihmütter von privaten Kliniken doppelt so viel Geld wie erlaubt bekommen. Warum wird die griechische Justiz nicht aktiv?
Das ist für uns tatsächlich ein Rätsel. Wir haben uns mit der Vizepräsidentin der Ärztekommission unterhalten. Sie sollte diese Kliniken beaufsichtigen. Sie hat gesagt, dass ihre Behörde nicht die Kapazitäten habe, das so zu überprüfen, wie es ihr Auftrag sei. Es gebe zwar immer wieder Anzeigen gegen einzelne Kliniken. Es sei sehr schwer zu ermitteln, ob die Auftraggeber mehr zahlten als die erlaubten 10’000 Euro. Häufig würden Barsummen als Geschenk übergeben.
Wer profitiert von dem Geschäft mit Leihmüttern?
Uns wurde gesagt, die Klinik, die wir besucht haben, bekomme ungefähr 70’000 Euro für eine Behandlung. Wenn die Leihmutter davon 20’000 Euro erhält, bleiben immerhin noch 50’000 Euro bei der Klinik. Der Anwalt, der für die Klinik arbeitet, bekommt auch noch etwas und eine künstliche Befruchtung an sich ist nicht so kostenintensiv. Der grösste Teil des Profits geht an diese Kliniken.
Der altruistische Hintergrund ist eine Illusion, das hat unsere Recherche gezeigt.
Kann man sagen: Es ist ein knallhartes Geschäft, bei dem die Leihmutter ausgenutzt wird und die ausländischen Paare sich strafbar machen?
Der altruistische Hintergrund ist eine Illusion, das hat unsere Recherche gezeigt. Die Paare machen sich sowohl in Griechenland als auch in ihrer Heimat strafbar, wenn sie mit dem Baby zurückreisen. Denn sie machen den Behörden gegenüber falsche Angaben, wie das Kind zur Welt gekommen ist.
Das Gespräch führte Marlen Oehler.