Libyen gilt als Tor zu Europa. Je ruhiger das Meer, desto mehr Migranten wagen die lebensgefährliche Überfahrt von der libyschen Küste nach Europa. In diesem Jahr strandeten bereits rund 20'000 Migranten in Süditalien. In Libyen warten Zehntausende Menschen darauf, nach Europa zu kommen. Regierungschefs und Hilfswerksorganisationen sind alarmiert.
Die «Rundschau» zeigt exklusive Bilder aus dem nordafrikanischen Wüstenstaat. Mehrere Hunderttausend Migranten – meist Schwarzafrikaner – halten sich in Libyen auf.
Gefängnis ohne Gerichtsurteil
Viele arbeiten als Tagelöhner oder werden von den Schleppern verkauft. Wer keine Papiere hat, stecken die Milizen in Internierungslager – ohne Gerichtsurteil, oft monatelang unter prekären Bedingungen. «Sie werden uns fertigmachen hier. Jede Nacht schliessen sie uns in die Zellen, sie schiessen in die Luft, schlagen uns», sagt ein 12-Jähriger gegenüber der «Rundschau».
Libyen nach Gaddafi: Das Land ist zu einem Flickenteppich rivalisierender Milizen geworden. Die UNO stützt die neue Einheitsführung. Die aber steht auf wackligen Beinen: Sie muss zwei verfeindete Regierungen und verschiedenen Milizen einen. Zudem hat sich im Machtvakuum der selbst ernannte Islamische Staat (IS) eingenistet – vor allem in Sirte, der Heimatstadt des getöteten Diktators Gaddafi.
Kämpfer als Migranten eingeschleust
Die IS-Hochburg liegt an der Küste, weit weg von den Landesgrenzen. Für ausländische Dschihadisten – vor allem Tunesier – ist es deshalb nicht ganz leicht, nach Sirte zu reisen und sich dem IS anzuschliessen.
Damit der Nachschub an Kämpfern nicht versiegt, verlässt sich der IS auf die traditionellen Netzwerke der Menschenschmuggler. Die Schleuser wissen oft nicht, dass sie neben Migranten auch IS-Anhänger an die libysche Mittelmeerküste schmuggeln. Auch den Milizen, die den IS bekämpfen, fällt es schwer zu unterscheiden, wer ein echter Migrant ist und wer zum IS will.