Vor einem Jahr, in der ersten Welle der Pandemie, zitierten deutsche Politiker gerne Churchill. Vor allem sein Bonmot, man solle nie eine gute Krise ungenutzt vorübergehen lassen. Insbesondere die Politiker der Union liebten Churchill, denn die Union besetzt die Schlüsselpositionen in der Regierung. Und die Krise war zunächst die Stunde der Exekutive.
Jetzt, zu Beginn der dritten Corona-Welle ist Churchill bei der CDU out. Zu heftig die Kritik am Corona-Management und der Affäre um die Maskenbeschaffung. Dabei liesse sich Churchill auch jetzt wieder sehr gut als Beispiel in der Krise anführen, wenn auch nicht in Sachen Masken.
Schlechter Start ins Wahljahr
Im Mai 1945 war er der grosse Sieger des Zweiten Weltkriegs, knapp drei Monate später war er abgewählt. Er hatte zwar den Krieg gewonnen, aber den Frieden und die Friedensdividende zu gewinnen, das trauten die erschöpften Briten ihm nicht zu.
Ähnlich könnte es der CDU gehen. Auch wenn Corona im Herbst vielleicht in Schach gehalten werden kann, haben die Wählerinnen und Wähler möglicherweise genug von Gesundheitsminister Spahn, Wirtschaftsminister Altmeier und anderen Gesichtern der Regierung. Angela Merkel tritt ohnehin nicht mehr an.
Nichts zu gewinnen
Am Sonntag beginnt das Superwahljahr in Deutschland. Sechs Landtagswahlen stehen bis im Herbst an. Drei davon finden gleichzeitig wie die Bundestagswahl statt, haben also keinen direkten Einfluss auf die Wahl eines neuen Kanzlers.
Umso wichtiger sind die ersten Wahlen an diesem Sonntag in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Hier hat die CDU nichts zu gewinnen, zu populär sind der Grüne Winfried Kretschmann in Stuttgart und die Sozialdemokratin Malu Dreyer in Mainz. Aber die CDU kann verlieren.
Es ist nicht wahrscheinlich, aber möglich, dass die CDU in Baden-Württemberg aus der Regierung fliegt. Wegen der Maskenaffäre ist sie in den Umfragen auf ein historisches Tief abgestürzt. Und bei der Wahl anfangs Juni in Sachsen-Anhalt, wo die CDU den Ministerpräsidenten in einer wackligen Kenia-Koalition (Schwarz-Rot-Grün) stellt, kann die CDU höchstens den Status quo behaupten. Aber nichts gewinnen.
Eine «grüne Ampel»?
Nach wie vor ist eine schwarz-grüne Regierung unter einem Unionskanzler die wahrscheinlichste Variante für die nächste Bundesregierung. Eine Alternative könnte eine Regierung von Grünen, Sozialdemokraten und FDP werden. Noch reicht es in den Umfragen für diese «grüne Ampel» nicht, aber die Option wird als Geheimtipp gehandelt.
Entscheidend für die Union wird das Corona-Management, und kurzfristig der Strudel der Maskenaffäre sein. Bis Freitag 18 Uhr müssen alle Abgeordneten der Unionsfraktion offenlegen, ob sie an Geschäften mit Masken oder medizinischem Schutzmaterial finanziellen Nutzen gezogen haben.