- Die Türkei hat eine Militäroffensive gegen kurdische Stellungen im Nordirak und in Nordsyrien verkündet.
- Dies geschieht eine Woche nach dem tödlichen Bombenanschlag in Istanbul.
- Bei den Luftangriffen in der Nacht zu Sonntag seien mindestens 31 Menschen getötet und Dutzende zum Teil schwer verletzt worden, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Dem türkischen Verteidigungsministerium zufolge wurden 89 Ziele in Nordsyrien und im Nordirak «zerstört». Zudem seien «Terroristen in grosser Zahl neutralisiert» worden.
Es sei «Abrechnungszeit», hatte das türkische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag über Twitter verkündet. «Terroristische Elemente» sollten neutralisiert und Angriffe auf die Türkei vermieden werden, hiess es weiter. Im Fokus der Attacken: die Kurdenmilizen YPG und die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Angaben der YPG zufolge wurden auch Posten der syrischen Regierung angegriffen. Betroffen seien die Regionen Kobane und Aleppo.
Mehrere türkische Medien berichten zudem über einen Raketenbeschuss in der Türkei nahe der syrischen Grenze. Nahe der türkischen Stadt Kilis seien zwei Soldaten und sechs Polizisten verletzt worden. Die Rakete sei von der syrischen Kurdenmiliz YPG abgefeuert worden, hiess es.
Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte und kurdische Aktivisten erklärten gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass türkische Militärstützpunkte in der syrischen Region Aleppo beschossen worden seien. Es seien Vergeltungsmassnahmen für die türkischen Angriffe gewesen, hiess es.
Die Türkei ist seit 2016 in Nordsyrien aktiv
Unter anderem bombardierte die türkische Luftwaffe der Beobachtungsstelle zufolge Orte in der Nähe von Kobane und Aleppo. Auch ein Posten der syrischen Regierung sei Ziel gewesen. Syrische Soldaten seien bei den Angriffen getötet worden, meldeten die Aktivisten sowie Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana. Die Türkei nannte unter anderem die nordirakischen Orte Kandil, Asus, Hakurk und die syrischen Orte Tall Rifat, Kobane, Dschasira und Al-Malikija als Ziele.
Das Verteidigungsministerium in Ankara berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung laut Charta der Vereinten Nationen. Es gehe darum, «Terroranschläge» gegen das türkische Volk und Sicherheitskräfte zu vermeiden.
Laut der syrischen Beobachtungsstelle wurden nun Regionen rund um die für kurdische Kräfte besonders bedeutsame Stadt Kobane angegriffen. Ankaras Truppen könnten Experten zufolge darauf zielen, von ihnen besetzte Gebiete westlich und östlich der Stadt zu verbinden.
Die Luftangriffe folgten nur wenige Tage nach der Bombenexplosion in Istanbul, für die Ankara die YPG und die PKK verantwortlich macht. Die Ermittlungen laufen, am Freitag wurden 17 Menschen verhaftet. PKK und YPG streiten eine Beteiligung ab und unterstellen der Türkei, mit der Anschuldigung einen Vorwand für einen Militäreinsatz in Nordsyrien geschaffen zu haben.
Auch unabhängige Experten äusserten solche Vermutungen, zumal der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bereits seit Monaten eine solche Offensive angekündigt hatte. Die Türkei hat seit 2016 vier Militäroffensiven in Nordsyrien geführt, die sich auch gegen die YPG richteten. Ankara sieht in der YPG einen Ableger der kurdischen Untergrundorganisation PKK und betrachtet beide als Terrororganisationen.