Noch dieses Jahr soll in Australien eine Verfassungsänderung zur Abstimmung kommen. Das Referendum gilt als eines der wichtigsten Vorhaben der im Mai gewählten links-liberalen Labor-Regierung. Ihr Ziel: Australiens Aborigines sollen ein Recht auf Mitsprache erhalten, wenn sie von einem neuen Gesetz betroffen sind.
«Die Lebensrealität für Aborigines, da sind sich alle einig, ist nicht gut. Wir haben die Verantwortung, das zu ändern», so Linda Burney. Sie ist Ministerin für indigene Angelegenheiten in der australischen Regierung und für das Referendum federführend verantwortlich.
«Ich glaube, dass das Mitspracherecht, über das wir abstimmen werden, Verbesserungen bringen wird», zeigt sich Linda Burney überzeugt. Indigene Vertreter könnten so ihre Perspektive bei Programmen, die Aborigines betreffen, einbringen. Dies stelle sicher, dass die Programme gut seien, tatsächlich funktionierten und die Lebensrealität verbesserten, so Burney.
Der Vorschlag einer «Stimme an das Parlament» geht auf einen langwierigen Prozess zurück, in dem sich Anführer unterschiedlicher Aborigine-Stämme 2017 auf einen Forderungskatalog einigten.
Die Lebensrealität für Aborigines, da sind sich alle einig, ist nicht gut. Wir haben die Verantwortung, das zu ändern.
Trotzdem ist das Referendum unter Aborigines alles andere als unumstritten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Misstrauen gegenüber dem australischen Staat und seinen Vorhaben bei vielen australischen Ureinwohnern nach Dekaden der Ausbeutung und Entrechtung tief verankert ist.
In der Zelt-Botschaft in Canberra, in der indigene Aktivisten seit über 50 Jahren für mehr Rechte protestieren, sieht man das Referendum mit Argwohn. Murriguel Coe, der Sohn einer der Gründer der Zelt-Botschaft, lehnt das Referendum strikt ab.
Die australische Regierung und die Briten haben noch immer unser Blut an ihren Händen.
«Die australische Regierung und die Briten haben noch immer unser Blut an ihren Händen», so Coe. Seine Forderung ist grundsätzlich: Die australische Regierung müsse die Souveränität der Aborigines über das Land anerkennen. Ohne diese Anerkennung könne es keine Annäherung geben.
Anstatt auf Privilegien zu warten, die der australische Staat den Aborigines zugesteht, sollten Aborigines aller Stämme ihr Schicksal gemeinsam in die Hand nehmen, glaubt Coe. Statt auf Fortschritt in kleinen Dosen setzt er auf Fundamental-Opposition gegen das System. Beim Referendum will er deshalb «Nein» stimmen.
Wird das Referendum angenommen, wäre es das erste Mal, dass die australischen Ureinwohner in der Verfassung Erwähnung finden. Eine solche Anerkennung wird seit Jahren als symbolischer Meilenstein für Aborigines diskutiert. Der Widerstand, der sich auch in den Reihen der Aborigines gegen das Referendum regt, zeigt aber, wie schwierig der Kampf um mehr Rechte für Australiens Ureinwohner ist.