Erstmals ist in den USA ein Schweineherz erfolgreich in einen Menschen transplantiert worden. Der 57-jährige Patient, an dem der Eingriff vorgenommen wurde, litt an einer lebensgefährlichen Herzkrankheit. Das genetisch modifizierte Schweineherz wurde in einer achtstündigen Operation an den Patienten angeschlossen. Wie funktioniert das und hat dieses Vorgehen eine Zukunft? Herzchirurg Franz Immer gibt Antworten.
SRF News: 90 Patienten und Patientinnen sind in der Schweiz momentan auf der Warteliste für eine Herztransplantation. Werden sie künftig nicht mehr lange warten müssen, wenn auch Tierorgane transplantiert werden können?
Franz Immer: In den nächsten paaren Jahren wird dieser Schritt noch keinen Einfluss auf die Warteliste haben, in der Schweiz und weltweit.
Der Arzt, der diese Operation durchgeführt hat, spricht von einer bahnbrechenden Operation. Sehen Sie das auch so?
Üblicherweise kann es in solchen Situationen während der Operation, wenn das Blut des Empfängers mit dem Herzen in Kontakt kommt, sofort zu einer Abstossung kommen. Der Umstand, dass dieses Herz anfänglich mal funktioniert, zeigt, dass eine erste Hürde durch genetische Mutationen am Schwein überbrückt werden konnten.
Ist das schon bahnbrechend?
Ich würde noch nicht von bahnbrechend sprechen, aber es ist ein wichtiges Signal dafür, dass man Fortschritte erzielt, wenn dieses Organ nun doch einige Stunden in diesem Empfänger funktioniert.
Wie muss ein Schweineherz genetisch verändert werden, damit es auch in einem Menschen funktioniert?
Das ist äusserst komplex. Es müssen auf dem Gewebe des Schweines gewisse Merkmale durch genetische Manipulationen herausgeschnitten werden.
Es ist ein Erfolg, dass das Herz überhaupt mal funktioniert und der Patient nicht während der Operation verstorben ist.
Zum Teil müssen sie auch ersetzt werden, damit dieses Organ im menschlichen Körper nicht sofort als fremd erkannt und abgestossen wird. Es ist ein langer Weg, bis man all diese Faktoren identifiziert hat. Sicherlich hat man noch nicht abschliessend all diese Faktoren identifizieren können. Und deshalb ist es ein Erfolg, dass es jetzt überhaupt mal funktioniert und der Patient nicht während der Operation verstorben ist.
An der Xeno-Transplantation, der Übertragung von Zellen oder Organen von einer Spezies auf eine andere, wird schon lange geforscht. Sehen Sie darin die Zukunft für Patientinnen und Patienten?
Das ist eine äusserst schwierige Frage. Es ist ein Wettkampf verschiedener Technologien, um diesem Mangel an Organen Herr zu werden. Ich habe vor rund 30 Jahren mein Medizinstudium abgeschlossen und habe immer vermutet, Xeno-Transplantation komme die nächsten Jahre in die Klinik. Bis heute ist das aber nicht so.
Ich denke nicht, dass Xeno-Transplantation von gesamten Organen in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Organtransplantation ablösen wird.
Ich denke nicht, dass Xeno-Transplantation von gesamten Organen in den nächsten 10 bis 15 Jahren die Organtransplantation ablösen wird. Es gibt aber schon beachtliche Erfolge. So können zum Beispiel Bauchspeicheldrüsenzellen von Schweinen Menschen injiziert werden. Sie produzieren Insulin. Da sind gewisse Fortschritte auf Zellebene bereits erreicht worden.
Warum eigentlich Schweine?
Es braucht beim Herzen ein gewisses Gewicht, das mit einem Menschen kompatibel ist. Schweine sind vom Gewicht her sicherlich ideal. Es sind Haustiere, als solche sind vielleicht auch etwas weniger geschützt als zum Beispiel höhere Primaten wie Affen. Affen sind auch ideal. Schweine haben den Vorteil, dass die Reproduzierbarkeit besser ist. Sie haben mehrere Jungen pro Wurf. Bei den Affen sind die Generationszeiten sehr lang, um nicht zu sagen, vergleichbar mit den Menschen.
Das Gespräch führte Claudia Weber.