Das Wichtigste in Kürze
- CDU-Kanzlerin Angela Merkel stellte sich dem Gespräch mit Youtube-Machern.
- SPD-Herausforderer Martin Schulz wirkt derweil genervt.
- Er fordert Leidenschaft und Optimismus – strahlt dies selbst jedoch nicht aus.
Angela Merkel kann machen, was sie will: Alles prallt an ihr ab. Das beste Beispiel dafür ist der G20-Gipfel. In der Öffentlichkeit trifft Merkel an den Ausschreitungen keine Schuld, obwohl sie die Gastgeberin des Gipfels war, und obwohl sie sogar sagte, dass sie mitverantwortlich sei, blieb dies ohne Folgen.
Gestern sprach Merkel mit vier Youtube-Machern. Das Gespräch wurde per Livestream übertragen. Knapp 60'000 Menschen verfolgten es. Viele Medien berichteten, wie sich die Kanzlerin im realen Leben – sprich im Internet – und im Gespräch mit jungen Menschen schlug. Es ging alles glatt.
Arbeitslosigkeit halbiert
«Wie verhindern Sie konkret, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht?», wurde Merkel etwa gefragt. «Wir müssen möglichst vielen Menschen die Möglichkeit für Arbeit geben», antwortete die Kanzlerin. Die Arbeitslosigkeit habe sich seit 2006 halbiert. Ausserdem sei der Mindestverdienst durch den Mindestlohn besser geworden.
Wir müssen möglichst vielen Menschen die Möglichkeit für Arbeit geben.
Bei dieser Antwort bissen die SPD-Wahlkämpfer wahrscheinlich in die Tischkante. Denn der Mindestlohn war ein Erfolg der SPD in der Grossen Koalition, und die Arbeitslosigkeit halbierte sich wegen der «Agenda 2010» des sozialdemokratischen Kanzlers Gerhard Schröder.
Streit über Elektrofahrzeuge
24 Stunden zuvor: Ein sichtbar genervter SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz tritt vor die Medien und spricht über den Dieselskandal. Merkel habe eine Million Elektrofahrzeuge gefordert. «Das hat sie dann klammheimlich einkassieren lassen.» Sein Vorschlag einer Quote für Elektroautos sei dann als «nicht durchdacht» denunziert worden. «Und im gleichen Moment geht die Dame hin und verkündet das Ende des Dieselmotors mit einem Dieselverbot. Also Elektroautos nein, Dieselverbot bitte – irgendwie müssen wir noch fahren!»
Danach hielt Schulz einen Grundsatzvortrag über Migration – aber nicht über die Integration der 900'000 Flüchtlinge des Jahres 2015, sondern über Diskriminierung von Migrantinnen und Migranten im Allgemeinen. «Diese diskriminierenden Entwicklungen in unserer Gesellschaft sind die kleinen Grenzverschiebungen im Alltag.» Es seien die kleinen Tabubrüche, die er nicht tolerieren wolle.
Wir sind eine Einwanderungsgesellschaft, in der wir für den Zusammenhalt kämpfen müssen.
«Für den Zusammenhalt kämpfen»
In Zeiten weltpolitischer Turbulenzen interessieren sich die Wähler aber nicht für die kleinen Tabubrüche im Alltag, obwohl das Thema wichtig ist. Und dann kam Schulz zum Finale: «Wir sind eine Einwanderungsgesellschaft, in der wir für den Zusammenhalt kämpfen müssen.» Das müsse man mit Leidenschaft und Optimismus machen.
Doch Schulz versprüht weder Leidenschaft noch Optimismus. Er kann sich auf den Kopf stellen, es prallt alles an Merkel ab.