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#MeToo in China: Auch Prominente involviert
Aus SRF 4 News aktuell vom 31.07.2018.
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#MeToo erreicht China «Eine so grosse Debatte kann man nicht komplett zensieren»

Seit einigen Tagen diskutiert auch China über #MeToo. Es ist nicht das erste Mal, dass sexuelle Belästigung im Alltag dort zum Thema wird. Nun aber erreicht die Debatte die breite Öffentlichkeit – trotz Zensur. Denn im Zentrum stehen diesmal Prominente, weiss SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi.

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

SRF News: Im Westen waren es Vorwürfe gegen Filmproduzent Harvey Weinstein. Welcher Vorfall brachte in China den Ball ins Rollen?

Martin Aldrovandi: Es sind gleich mehrere prominente Fälle, darunter ist ein Chef einer bekannten chinesischen NGO, einer Nichtregierungsorganisation. Dieser hat sich nach den Vorwürfen öffentlich entschuldigt und ist inzwischen von seinem Posten zurückgetreten. Dann wurde kurz darauf ein Fall eines berühmten CCTV-Moderators bekannt. CCTV ist der staatliche Fernsehsender. Es geht um sexuelle Belästigung einer ehemaligen Praktikantin. Und es gab noch weitere Fälle. Die Diskussion begann letzte Woche und läuft weiter.

In den USA und Europa läuft die MeToo-Debatte schon seit einiger Zeit, in China kommt sie mit einer neuen Heftigkeit auf. Weshalb erst jetzt?

Es gab hier schon vor ein paar Monaten eine MeToo-Diskussion. Dabei ging es aber hauptsächlich um Fälle an Hochschulen. Die Diskussion beschränkte sich denn auch auf einen kleinen Personenkreis und wurde zudem von der Zensur getroffen. Das heisst, ein Grossteil der Chinesen wurde damit nicht erreicht.

Man will keine unabhängigen Bewegungen, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen.

Dieses Mal betrifft es vor allem prominente Personen. Die Debatte lief in den letzten Tagen so heiss, dass man sie nicht einfach komplett zensieren konnte. Auch traditionelle Medien nahmen sie teilweise auf. Doch auch hier versucht die Medienaufsicht weiter, die Kontrolle zu behalten, und es wurden wieder verschiedene Posts, zum Beispiel in den sozialen Medien, gelöscht.

Was befürchten die Behörden denn, wieso gibt es hier Zensur?

Das ist grundsätzlich bei allen Themen hier so. Bei Fernsehen, Zeitungen und Radio ist das relativ einfach zu bewerkstelligen. Die werden einfach direkt und indirekt über die Redaktionen kontrolliert. Bei den sozialen Medien ist das etwas schwieriger. Dort läuft die Zensur über die Betreiber, die bestimmte Begriffe filtern.

User sagen, die Frauen hätten sich früher melden sollen, oder dass dies eben ein Teil des Flirtens sei.

Das gilt für politische und gesellschaftspolitische Themen, und vor allem für alle Bewegungen, die von ausserhalb der Partei sind. Diese sind quasi per se suspekt. Man will keine unabhängigen Bewegungen, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen. Das hat man zum Beispiel bei feministischen Gruppen gesehen. Vor ein paar Jahren gab es öffentlichkeitswirksame Kundgebungen, mehrere Frauen wurden festgenommen und inhaftiert, und dies obwohl sie nicht direkt gegen die Regierung demonstriert hatten.

Die Diskussion ist also lanciert. Kann man sagen, ob die Debatte in China ähnlich gross wird wie in Europa und den USA?

Ich bin da etwas skeptisch. Aktuell geht es vor allem um prominente Fälle. Aber es gibt jetzt schon einen Backlash in den hiesigen sozialen Medien. User, die sagen, die Frauen hätten sich früher melden sollen, oder dass dies eben ein Teil des Flirtens sei. Das sind ähnliche Argumente, wie es sie auch bei uns gab oder gibt. Aber in China fehlt es eben zusätzlich an Transparenz. Die Behörden haben nicht wirklich ein Interesse daran, dass berühmte Personen von der Gesellschaft direkt kritisiert werden – wenn es Politiker sind sowieso nicht.

Die Behörden haben kein Interesse daran, dass berühmte Personen von der Gesellschaft kritisiert werden.

Zudem ist die Diskussion schon wieder ein bisschen abgeflacht. Das heisst, es ist jetzt noch etwas zu früh, um zu sagen, ob sich nachhaltig etwas ändert.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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