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Migranten aus Afrika «Die Lage in Libyen ist katastrophal»

Migranten aus Afrika sollen gestoppt werden, bevor sie Europa erreichen. Um dies zu erreichen will Europa zum Beispiel mit der libyschen Einheitsregierung zusammenarbeiten. Ein Plan, der Fragen aufwirft.

Am Montag hat sich in Rom Bundesrätin Simonetta Sommaruga mit Ministern verschiedener europäischen Ländern getroffen. Sie wollen erreichen, dass die Migranten gar nicht erst aus Afrika nach Europa gelangen. Am Tisch sassen auch Vertreter der Maghreb-Staaten. Die meisten Migranten halten sich in Libyen auf.

Beat Stauffer

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Legende: Friedel Ammann

Beat Stauffer berichtet als freischaffender Journalist für verschiedene Medien aus Nordafrika. Er ist auch als Buchautor, Kursleiter und Referent tätig.

Beat Stauffer, in Libyen halten sich hunderttausende von Migranten auf. Viel mehr als in den Nachbarstaaten. Warum?

Libyen ist seit vielen Jahren eines der wichtigsten Einfallstore von Afrika nach Europa. Die Route durch die zentrale Sahara endet dort. Im Vergleich zu den Nachbarstaaten ist zudem die Küstenwache praktisch inexistent. Lange war auch die Südgrenze zu Niger völlig offen. Hinzu kommt, dass Libyen noch unter Gaddafi viele Schwarzafrikaner als Arbeiter ins Land holte. Viele verbinden mit Libyen daher noch immer die Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben.

Was weiss man über die Lage der Migranten in Libyen?

Es gibt fast keine neutralen Beobachter mehr im Land. Man muss sich auf die Berichte lokaler Medien, Augenzeugen und Nichtregierungsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen stützen. Diesen Berichten ist zu entnehmen, dass die Lage der Migranten ausserordentlich schwierig, um nicht zu sagen katastrophal ist. In den Internierungslagern der Einheitsregierung sind die hygienischen Zustände sehr prekär, auch die medizinische Versorgung fehlt weitgehend. Noch schlimmer ist die Lage wohl in faktischen «Privatgefängnissen» von Schlepperbossen.

Wer hilft den Migranten im Land?

Lokale Helfer und ein paar wenige internationale Nichtregierungsorganisationen. «Ärzte ohne Grenzen» kümmert sich beispielsweise um eine minimale medizinische Versorgung in sieben Internierungslagern in der Nähe von Tripolis. Dabei werden vor allem lokale Mitarbeiter eingesetzt.

In Rom wurde heute mit der libyschen Einheitsregierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj verhandelt. Wieviel Einfluss hat diese Regierung überhaupt?

Ihr Einfluss ist auf Teile von Westlibyen begrenzt. Doch selbst in diesem Gebiet ist der Einfluss der Einheitsregierung gering. In Tripolis, der libyschen Hauptstadt und dem Sitz der Regierung, ist es in den vergangenen Tagen zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Milizen gekommen, hinter denen verschiedene Auftraggeber stehen oder die gar eine eigene Agenda verfolgen. Al-Sarraj hat in Libyen eine sehr geringe Machtbasis. Aus meiner Sicht stellt sich die Frage, ob es Sinn macht, mit einer solchen Regierung zu verhandeln.

Libyen fordert von den europäischen Staaten finanzielle Unterstützung, um die Migranten zu stoppen. Würde dieses Geld überhaupt am richtigen Ort ankommen?

Daran habe ich grosse Zweifel. Al-Sarraj kann für nichts garantieren. Hinzukommt, dass sein Rivale, General Khalifa Haftar, sich als starker Mann für ganz Libyen positionieren will. Er würde wohl versuchen, ein Abkommen zwischen der Einheitsregierung und Europa zu hintertreiben.

Welchen Stellenwert hat die Situation der Migranten für al-Sarraj?

Er hat sicher andere Prioritäten. Er muss zunächst seine Machtbasis ausbauen und die Sicherheitslage im Land verbessern. Er hat zum Beispiel keinen Polizeiapparat, auf den er zurückgreifen kann. Das Engagement im Migrationsbereich sichert ihm aber die Unterstützung der europäischen Staaten. Um diese weiterhin zu haben, muss er also offen für eine Zusammenarbeit sein.

Das Gespräch führte Andreas Reich

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