Wer hin und wieder auf einem Spielplatz ist, kennt das: Der eine zeigt auf den anderen und sagt, «er war's!» Dann zeigt der andere auf den einen und sagt: «Nein, er!» So lief das auch in der von politischen Spannungen und persönlichen Animositäten geprägten slowakischen Vier-Parteien-Koalition.
Dabei war der eine, Richard Sulík, Wirtschaftsminister, der andere, Igor Matovič, Finanzminister. Schon letztes Jahr hat Sulík Matovič aus dem Amt des Regierungschefs gedrängt. Jetzt wollte er den Gewinner der letzten Wahlen ganz aus der Regierung verbannen.
Doch weil Matovič sich weigerte, haben Sulík und die drei anderen Minister aus seiner Partei jetzt ihre Ämter niedergelegt. Der jüngste Streitpunkt: Der Finanzminister wollte Familien mit einer Milliarde Euro unterstützen. Der Wirtschaftsminister und seine Partei waren dagegen.
Und so hat Matovič die Milliarde zusammen mit Rechtsextremen durchs Parlament geboxt. Eine typische Matovič-Aktion: eigenmächtig, ohne Rücksicht auf Verluste. Ebenso typisch: Wie der Finanzminister auf die absehbare Kritik seiner Regierungspartner reagierte. Mit Emotionen statt Argumenten. «Sulík hasst mich halt», erklärte der Finanzminister.
Keine Suche nach einem Kompromiss
Tatsache ist: Im «Regierungssandkasten» in Bratislava hat diesen Sommer keiner ernsthaft einen Kompromiss gesucht. Weil dort aber auch keiner Neuwahlen will, bekommt die Slowakei eine fragile Minderheitsregierung.
Dabei bräuchte das Land gerade jetzt eine starke und handlungsfähige Regierung. Im Nachbarland, der Ukraine, herrscht nach wie vor Krieg. Die Slowakei ist so stark abhängig von russischem Gas wie kaum ein anderes EU-Land. Die drohende Energiekrise wirft hier besonders lange Schatten.
Ich würde mir wünschen, dass wir uns wie Erwachsene verhalten.
Und für das erklärte Hauptziel von Matovič und Sulík – für den Kampf gegen die alten korrupten Seilschaften in der Slowakei – ist das Scheitern der Koalitionsregierung auch ein Rückschlag. Jene Politiker, die tief verstrickt waren in die Klüngeleien, die im Mord an einem Investigativjournalisten gipfelten, legen in den Umfragen wieder zu.
Matovič sagte kürzlich an einer Medienkonferenz: «Ich würde mir wünschen, dass wir uns wie Erwachsene verhalten.» Das wäre höchste Zeit. Regierungen sollten keine Sandkästen sein.