- Eine Mehrheit der russischen Bevölkerung hat Verfassungsänderungen zugestimmt, die es Präsident Wladimir Putin theoretisch erlauben, sein Amt bis 2036 weiterzuführen.
- Rund 78 Prozent der Stimmberechtigten votierten nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmzettel für das neue Grundgesetz, wie die Wahlkommission mitteilt.
- Die Stimmbeteiligung wurde mit knapp 65 Prozent angegeben. Stimmberechtigt waren über 110 Millionen Russinnen und Russen.
Bei einer von Manipulationsvorwürfen überschatteten Abstimmung wurden die ersten Ergebnisse veröffentlicht, obwohl der Urnengang noch nicht in allen Teilen des Landes beendet war. Die letzten Wahllokale schlossen am Abend um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit in der Ostsee-Exklave Kaliningrad.
Der Sieges-Trend für den Kreml deckte sich mit Nachwahlbefragungen des staatlichen Wziom-Instituts, die bereits am Montag veröffentlicht worden waren. Unabhängige Meinungsforscher hatten dagegen keinen so deutlichen Sieg vorhergesagt. In der russischen Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg kam es zu Protesten einzelner Putin-Gegner. Sie verliefen bis zum frühen Abend friedlich.
Mehr als 800 Zwischenfälle
Das Innenministerium berichtete der Agentur Interfax zufolge von mehr als 800 Zwischenfällen bei der Abstimmung. Es gebe aber keine Verstösse, die das Ergebnis beeinflussen könnten. Unabhängige Wahlbeobachter der Nichtregierungsorganisation Golos sprachen von Hunderten Verstössen. Die Menschen seien zur Stimmabgabe gedrängt und das Wahlgeheimnis sei oft nicht gewahrt worden, hiess es. Zudem sollen viele Menschen mehrfach abgestimmt haben.
Kremlkritiker Alexej Nawalny meinte, es sei ungeheuerlich, dass die Wahlkommission während der laufenden Abstimmung bereits erste Ergebnisse veröffentliche. «Sie wollen damit absichtlich zeigen, dass sie auf das Gesetz spucken», twitterte der Oppositionelle. «Ihr Platz ist auf der Anklagebank.»
Gewinnspiele als Lockvogel
Die Abstimmung hatte am vergangenen Donnerstag begonnen. Sie war auf mehrere Tage angesetzt, damit wegen der Corona-Pandemie genügend Zeit für die Menschen blieb, die Stimmabgabe zu organisieren. Personen in Moskau und Nischni Nowgorod durften auch im Internet abstimmen.
Zudem kamen Mitarbeiter der Wahlkommission zu den Menschen nach Hause. Als Anreiz, zur Abstimmung zu kommen, gab es Gewinnspiele. Ursprünglich war die Abstimmung für den 22. April angesetzt gewesen. Sie wurde wegen der Pandemie verschoben.