Zum Inhalt springen

Knapp an Katastrophe vorbei Teile der Carolabrücke in Dresden eingestürzt

  • Ein Teil der Carolabrücke in Dresden ist in der Nacht in die Elbe gestürzt. Verletzt wurde niemand.
  • Ein Tram war wenige Minuten vor dem Einsturz über die Brücke gefahren.
  • Die Stadt entging knapp einer Katastrophe.

Ein etwa 100 Meter langes Stück, über das Tramgeleise sowie ein Fuss- und Veloweg führten, stürzte mitten in der Nacht in die Elbe. Ein weiterer Abschnitt ist einsturzgefährdet. Zum Glück wurde niemand verletzt oder gar getötet. Die Polizei sieht keine Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung – sie geht von einem Unglück aus.

Als Holger Kalbe, Verantwortlicher für die Sicherheit aller Brücken in Dresden, am Morgen vor die Medien tritt, wirkt er sichtlich erschüttert. «Glauben Sie mir, das ist ein Morgen, den wollen Sie nie erleben», sagte der Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke bei der Stadt Dresden.

Die Carolabrücke in Dresden gilt als eine der wichtigsten Verkehrsadern in der Stadt, in der Innenstadt überspannt sie die Elbe. Der Einsturz ist ein Unheil, das noch schlimmer hätte enden können: Nur 18 Minuten vor dem Teileinsturz hat die letzte Strassenbahn die Brücke passiert. Die Strassenbahn sei um 2:50 Uhr über die Brücke gefahren, die Brücke sei um 3:08 Uhr eingestürzt, teilten die Verkehrsbetriebe mit.

Erste Meldung kurz nach 3 Uhr

Die ersten Informationen zum Brückeneinsturz bei der Polizei kamen in der Nacht von den eigenen Kollegen: «Bei uns ging heute kurz nach 03:00 Uhr die erste Meldung ein. Das waren unsere eigenen Kollegen, die 50 Meter entfernt an der Synagoge Objektschutzmassnahmen durchführen», berichtete der Polizeisprecher. «Sie beschrieben es als grosses, schweres Geräusch. Der Boden hat gewackelt.»

Experte: «Ein Desaster»

Box aufklappen Box zuklappen

Der Brückenbauexperte Steffen Marx bezeichnete den Einsturz als Desaster. «Es ist insbesondere auch deswegen ein Desaster, weil es niemand vorhergesagt hat», sagte Marx, der Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden ist vor Ort. «Das Bauwerk muss man heute unter komplett einsturzgefährdet verbuchen.» 

Als eine der ersten grossen Spannbetonbrücken in der DDR habe die Carolabrücke alle Defizite, die ein solches Bauwerk aus der Frühzeit der Spannbetonbrücken habe. «Ein besonders tragisches Defizit ist, dass die Brücke keine Redundanzen hat, das heisst: Wenn irgendwas ist, folgt der Einsturz», erläuterte Marx.

Die Carolabrücke ist eine Spannbetonbrücke aus dem Jahr 1971. Zwei ihrer Brückenzüge, die Teile A und B, wurden in den vergangenen Jahren bereits saniert. Eingestürzt ist nun der Teil C, der im nächsten Jahr saniert werden sollte. «Das ist ein Risiko, mit dem wir uns seit vielen Jahren auseinandersetzen», sagte Abteilungsleiter Kalbe. «Dass der Zustand im Zug C so schlimm war, dass es zum Einbruch gekommen ist, das war nicht voraussehbar.» 

Goldene Statue vor einer Brücke über einem Fluss.
Legende: So sah die Brücke vor dem Einsturz aus. Keystone/Matthias Rietschel

Mangelhafte Wartung?

Die Ermittlungen zur genauen Unglücksursache laufen noch, aber Holger Kalbe äusserte zumindest eine Vermutung: Korrosion könnte verantwortlich sein – eine Folge von mangelhafter Wartung in der Vergangenheit. «Wir haben hier zu DDR-Zeiten massiven Chlorid-Eintrag gehabt», sagte Kalbe.

Sorge wegen Wettervorhersage

Box aufklappen Box zuklappen

Es könnte ein Elbehochwasser bevorstehen. Das ist wegen der Trümmer im Fluss ein Problem. Laut Deutschem Wetterdienst werden unter anderem in Zentral-Tschechien und im Isargebirge extrem ergiebige Regenfälle erwartet. Das werde sich auf die Elbe und andere Flüsse auswirken – das Wasser soll steigen.

Der eingestürzte Brückenzug der Carolabrücke in Dresden sollte im nächsten Jahr saniert werden. Zudem sollte noch bis Ende des Jahres ein Verkehrsversuch auf der Brücke laufen, mit dem Ziel, die Brücke für Velofahrer und Fussgänger sicherer zu machen. Der Versuch und das Vorhaben wurden kontrovers diskutiert. Die Dresdner AfD kritisierte eine falsche Prioritätensetzung in der Verkehrspolitik: Das Geld für den Verkehrsversuch hätte man besser in statische Sicherungsmassnahmen investieren sollen.

Es gibt null Anhaltspunkte für irgendein strafbares Verhalten. Es gibt kein Ermittlungsverfahren.
Autor: Polizeisprecher Dresden

Die Polizei geht bei dem Teileinsturz bislang von einem Unglück aus. «Es gibt null Anhaltspunkte für irgendein strafbares Verhalten. Es gibt kein Ermittlungsverfahren», sagte der Polizeisprecher. Es gehe nun darum, die genaue Ursache zu klären. Sollte sich dabei herausstellen, dass Fehler gemacht worden seien, dann würde auch ein Strafverfahren eingeleitet werden, sagte er. «Aber diese Anhaltspunkte fehlen im Moment.»  

SRF 4 News, 11.09.2024, 7 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel