- US-Präsident Joe Biden verschärft den politischen Kurs gegenüber Saudi-Arabien.
- Im Zusammenhang mit dem Mord am Journalisten Jamal Khashoggi im Jahr 2018 verkündete die US-Regierung am Freitag Sanktionen an.
- Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman bleibt davon aber verschont.
Am Freitag hatte das Büro der US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines einen geheimen Bericht zum Fall Khashoggi veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass Kronprinz Bin Salman die Operation zur Gefangennahme oder Tötung Khashoggis im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul nach Einschätzung der US-Geheimdienste genehmigt hatte. Im Bericht werden neben dem Kronprinzen 21 Personen im Zusammenhang mit der Operation genannt.
Das saudi-arabische Aussenministerium wies den Bericht umgehend als «falsch» und «inakzeptabel» zurück. Er enthalte «fehlerhafte Informationen und Schlussfolgerungen» zur saudischen Führung. Das «schreckliche Verbrechen» stelle einen eklatanten Verstoss gegen saudisches Recht dar. Diejenigen, die es begangen hätten, seien verurteilt worden.
Sanktionsliste erweitert
Nach der Veröffentlichung des Berichts kündigte US-Aussenminister Antony Blinken Einreisebeschränkungen gegen 76 Bürger Saudi-Arabiens an. Zudem setzte das US-Finanzministerium den früheren saudischen Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri und eine Eliteeinheit zum Schutz des Kronprinzen auf die Sanktionsliste.
Für Kritik sorgte, dass die US-Regierung keine Strafmassnahmen gegen den Kronprinzen selbst verkündete, obwohl Biden das im Wahlkampf in Aussicht gestellt hatte.
Adam Schiff, Demokrat aus Kalifornien, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, forderte auf Twitter weitergehende Massnahmen. «Der Kronprinz hat Blut an seinen Händen.»
Der Sender CNN berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, Sanktionen gegen den Kronprinzen seien keine Option gewesen, weil sie US-Militärinteressen hätten gefährden können. Saudi-Arabien ist traditionell ein enger Verbündeter der USA. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte mit Saudi-Arabien Waffengeschäfte in Milliardenhöhe abgeschlossen.
Aussenminister Blinken verteidigte das Vorgehen der Regierung. «Die Massnahmen, zielen nicht darauf ab, die Beziehung abzubrechen, sondern darauf, sie neu zu kalibrieren», sagte er an einer Medienkonferenz. Er bekräftigte, dass die US-Regierung Waffenverkäufe an Saudi-Arabien bis zu einer Überprüfung ausgesetzt habe.
Neuer Umgangston
Beim früheren US-Präsidenten Trump hatte Saudi-Arabien einen Sonderstatus und Kronprinz Mohammed bin Salman einen direkten Draht ins Oval Office. Er tauschte sich regelmässig mit Trump aus. Aber der neue Präsident Biden spricht nur noch mit dem saudischen König. Ganz bewusst, sagt Nahost-Korrespondent Pascal Weber:
«Joe Biden versucht die amerikanische Aussen- und Sicherheitspolitik im Nahen und Mittleren Osten neu einzupendeln. Die Veröffentlichung dieses Berichts ist offensichtlich der Versuch, den saudischen Kronprinzen Mohammad bin Salman einzuhegen. Gleichzeitig wird Biden alles tun, Saudi-Arabien als Verbündeten der USA nicht zu verlieren. Diese Ausgangslage ist schwierig genug – und wird noch schwieriger werden, wenn Biden versuchen wird, auch noch den Iran in seine Nahostpolitik neu einzubinden.»