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Münchner Sicherheitskonferenz Ein «Frieden von München» für die Ukraine

Vor Beginn der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) versetzt der Ukraine-Plan von US-Präsident Donald Trump auch das amerikanische Establishment in Aufruhr. Ivo Daalder, ehemaliger Nato-Botschafter der USA, vergleicht in einem CNN-Interview «München 2025» mit «München 1938».

1938, auf einer Konferenz in München, erlaubten westeuropäische Regierungschefs dem deutschen Kanzler Adolf Hitler, Teile der Tschechoslowakei einzuverleiben. Sie glaubten, Hitler mit dem «Frieden von München» besänftigt zu haben. Ein Jahr später brach dieser den Zweiten Weltkrieg vom Zaun.

Daalder sieht Parallelen zur Gegenwart. Trump will mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen «Friedensdeal» machen, Putin bekäme Teile der Ukraine zugesprochen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt, ist ein Treffen von Trumps Vize J.D. Vance mit dem ukrainischen Präsident Wolodimir Selenski geplant.

«Friedensdeal» schürt Ängste

Selbstredend hinken historische Vergleiche und Trumps Deal ist erst ein Plan. Real ist allerdings die Angst vieler in Europa, ein solcher «Friedensdeal» könnte Putin dazu verleiten, noch mehr Unfrieden zu stiften. Und real ist auch die Erkenntnis, dass westeuropäische Staaten dafür mitverantwortlich wären.

Jahr für Jahr plädieren sie an der MSC für eine gemeinsame Sicherheitspolitik bis hin zu einer gemeinsamen Streitkraft. Passiert ist wenig bis fast gar nichts. Auch der russische Überfall auf die Ukraine, vier Tage nach den Schluss-Apéros der MSC 2022, führte in Europa nicht zur «Zeitenwende», die Deutschlands Kanzler Olaf Scholz doch eigentlich verkündet hatte.

So stellt Trump jetzt Forderungen an die Europäer, ohne ihnen einen Platz am Verhandlungstisch zu gewähren. Ohne Rücksicht auf andere Nato-Staaten oder auf die EU wird der amerikanische Präsident die Ukraine zum Verzicht auf Territorium drängen, aber auch auf den (immer schon unwahrscheinlichen) Nato-Beitritt.

Europa im Dilemma

Den Waffenstillstand würden europäische Friedenstruppen in der Ukraine überwachen. Sollten sie in einen Krieg mit Russland hineingezogen werden, könnten sie nicht auf den Beistand der USA zählen, Nato-Beistandspflicht hin oder her.

Die Ukraine ist militärisch unter Druck, am Ende bleibt ihr wahrscheinlich nichts anderes übrig als Trumps «Friedensdeal» zuzustimmen. Und die Europäer stehen wahrscheinlich bald vor einem «Pest-oder-Cholera-Dilemma»: Entweder sie tragen die Risiken des Trump-Deals mit ihren Friedenstruppen ganz allein – oder sie entsenden keine Friedenstruppen und lassen so die Ukraine im Stich.

Drei Tage lang bietet die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) die Konferenzräume, Podien und Apéros, um über dieses Dilemma und die eigene Bedeutungslosigkeit zu debattieren. In der bangen Hoffnung, dass «München» nicht wieder zum Synonym für Versagen und Eskalation wird.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Hier finden Sie weitere Artikel von Sebastian Ramspeck und Informationen zu seiner Person.

Tagesschau, 13.02.2025, 19:30 Uhr

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