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Münchner Sicherheitskonferenz Von der Leyen will Sonderklausel für Verteidigung aktivieren

  • In München ist die internationale Sicherheitskonferenz offiziell eröffnet worden.
  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will über die Aktivierung einer Sonderklausel zu den europäischen Schuldenregeln höhere Verteidigungsausgaben ermöglichen.
  • Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Rede den internationalen Partnern ungeachtet der kurz bevorstehenden Bundestagswahl Verlässlichkeit und Stabilität zugesichert.

«Auf Deutschland ist Verlass. You can count on us», sagte Steinmeier in seiner Eröffnungsrede. In neun Tagen wählten die Deutschen ein neues Parlament, ein gutes halbes Jahr früher als geplant. «Das ist in einem stabilitätsverwöhnten Land, einem Land, das Pläne liebt, zwar ungewöhnlich, aber ich versichere Ihnen: Es ist kein Grund zur Sorge.»

Mann spricht bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Legende: Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Rede zudem die neue US-Regierung vor politischen Alleingängen gewarnt. KEYSTONE/DPA/Boris Roessler

«Unseren Partnern und Freunden sage ich: Deutsche Aussen- und Sicherheitspolitik bleibt europäisch, bleibt transatlantisch und bleibt multilateral», sagte Steinmeier. Auch in einer Zeit des politischen Übergangs gelte: «Wir verfolgen unsere Interessen, wir suchen nach gemeinsamen Lösungen, wir stellen unsere internationalen Partnerschaften breiter auf.»

Steinmeier: höhere Ausgaben für Verteidigung

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in München höhere Verteidigungsausgaben gefordert. Die 2014 gesetzte Zwei-Prozent-Ziel der Nato reiche nicht mehr, sagte Steinmeier. «Ein Jahrzehnt später werden wir deutlich mehr aufwenden müssen als damals vereinbart. Daran geht kein Weg vorbei, und jede neue Bundesregierung wird dafür die notwendigen finanziellen Spielräume schaffen müssen», sagt er. «Unsere Bundeswehr muss stärker werden. Nicht um Krieg zu führen, sondern um Krieg zu verhindern.»

Zugleich versicherte Steinmeier: «Europa bleibt Dreh- und Angelpunkt unserer Politik.» Eine nächste deutsche Bundesregierung, gleich welcher Zusammensetzung, werde und müsse ihr Handeln daran ausrichten, europäische Gemeinsamkeit zu achten und zu fördern.

Von der Leyen: Sonderklausel für Verteidigung

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat in ihrer Rede mitgeteilt, dass sie über die Aktivierung einer Sonderklausel zu den europäischen Schuldenregeln höhere Verteidigungsausgaben ermöglichen will.

«Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren», sagte sie an der Münchner Sicherheitskonferenz. «Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen.»

Ausweichklausel in Corona-Pandemie aktiviert

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Die sogenannte allgemeine Ausweichklausel, die in den EU-Schuldenregeln verankert ist, ermöglicht EU-Ländern, vorübergehend von ihren Haushaltsplänen, und damit den Obergrenzen für Schulden und Defizit, abzuweichen. Die Ausweichklausel war zuletzt 2020 in der Corona-Pandemie aktiviert worden. Man habe damals die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, ihre Investitionen zur Bewältigung der Krise massiv zu erhöhen, sagte von der Leyen nun. «Ich glaube, wir befinden uns jetzt in einer neuen Krise, die einen ähnlichen Ansatz rechtfertigt.»

Hintergrund des Vorschlags von der Leyens sind insbesondere die Bedrohungen durch Russland und die Ankündigung der USA, künftig deutlich weniger sicherheitspolitische Verantwortung für Europa übernehmen zu wollen. Druck kommt dabei auch von US-Präsident Trump, der von den Nato-Mitgliedern in der EU fordert, künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts auszugeben.

Vance mit Kritik an Europa

US-Vize-Präsident J.D. Vance beklagte seinerseits einen Verlust von Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa. Das sei viel besorgniserregender als Bedrohungen von aussen, etwa durch Russland oder China, sagte Vance. Als Beispiel für einen Verlust der Meinungsfreiheit nannte Vance das Vorgehen der EU-Kommission gegen Soziale Netzwerke.

Person hält Rede hinter dem Rednerpult.
Legende: US-Vizepräsident J.D. Vance sieht Zuwanderung als grösstes Problem für Europa und die Vereinigten Staaten. KEYSTONE/DPA/Sven Hoppe

Vance nahm auch indirekt Bezug auf die deutsche Debatte über eine Abgrenzung von der AfD: «Es gibt keinen Platz für Brandmauern», sagte er. «Die Demokratie beruht auf dem heiligen Grundsatz, dass die Stimme des Volkes zählt.» Entweder man halte dieses Prinzip aufrecht oder nicht. Zudem führte Vance Beispiele von antichristlichen Vorfällen in Schweden und Grossbritannien an.

Kritik an Rede von Vance

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Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius wies die Attacken in seiner anschliessenden Rede mit deutlichen Worten zurück. «Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vergleicht er Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regimen», sagte der SPD-Politiker. «Das ist nicht akzeptabel und das ist nicht das Europa und nicht die Demokratie, in der ich lebe und der ich gerade Wahlkampf mache.»

«Was hier gesagt wurde, das irritiert und das darf auch nicht einfach wegkommentiert und kleingeredet werden», sagte der deutsche Kanzler Olaf im Interview der Woche im Deutschlandfunk. «Wir brauchen eine Brandmauer.» In Deutschland müsse ganz klar sein, dass es mit extrem rechten Parteien wie der AfD keine Zusammenarbeit gebe. Auch sei es gut so, dass man Regeln habe, die zum Beispiel Symbole verbieten, die aus dem Faschismus stammen.

Die EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas sagte, die Rede erwecke den Eindruck, dass die USA einen «Kampf» mit Europa austragen wollten.

China grenzt sich nicht von Russland ab

Pekings Aussenminister Wang Yi hat Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Kriegs begrüsst. Zugleich machte er klar, dass sein Land keinen Druck auf Russland aufbauen werde, indem es Gaslieferungen von dort beschränke.

Mann in Anzug vor blauem Hintergrund.
Legende: Wang Yi warf dem Westen in München vor, China klein halten zu wollen. REUTERS/Wolfgang Rattay

«Wenn China kein Gas von Russland kauft, welches Land kann die Bedürfnisse des chinesischen Volkes erfüllen?», fragte er. «Wir müssen unserem Volk gegenüber verantwortlich sein», sagte er.

SRF 4 News, 14.2.2025, 15:30 Uhr ; 

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