- Die deutsche Bundesanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass ein Georgier in einem Park in Berlin diesen Sommer im Auftrag staatlicher Stellen Russlands oder Tschetscheniens getötet wurde.
- Das Aussenministerium in Berlin erklärte zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen.
- Russland kündigte daraufhin an, ebenfalls Schritte einzuleiten.
Moskau sehe sich gezwungen zu reagieren, hiess es aus dem russischen Aussenministerium in Moskau. Das Vorgehen Deutschlands sei unfreundlich und unbegründet. Das Auswärtige Amt in Berlin hatte die zwei russischen Diplomaten kurz zuvor zu unerwünschten Personen erklärt.
Die Bundesregierung zieht damit wenige Tage vor dem Ukraine-Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Konsequenzen aus einer möglichen Verstrickung des russischen Geheimdienstes in den Fall.
Mord am helllichten Tag
Am 23. August war ein 40 Jahre alter Tschetschene mit georgischer Staatsangehörigkeit in einem kleinen Park in Berlin-Moabit von hinten erschossen worden. Sein Mörder hatte sich ihm am helllichten Tag auf einem Fahrrad genähert und auf Rücken und Kopf gezielt.
Der mutmassliche Täter, ein 49 Jahre alter Mann mit russischem Pass, war kurz nach der Tat gefasst worden. Seit seiner Festnahme schweigt er.
Mit der Ausweisung der beiden Diplomaten reagiert Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amtes darauf, dass die russischen Behörden trotz wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen nicht hinreichend an der Aufklärung mitgewirkt hätten.
Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepublik Tschetschenien den Mord in Auftrag gegeben haben, übernahm heute die Bundesanwaltschaft den Fall.
Es bestehe ein Anfangsverdacht, teilte die Karlsruher Behörde mit. Zuständig ist die Bundesanwaltschaft nur dann, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass der Geheimdienst einer fremden Macht hinter einer Tat steht. Dann wird in Karlsruhe die Spionage-Abteilung tätig.
Hintergrund ist, dass «geheimdienstliche Agententätigkeit» die äussere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte.
Das Mordopfer soll nach Angaben der Behörde Anfang der 2000er-Jahre auf der Seite muslimischer Tschetschenen gegen Russland gekämpft. Auf den Mann habe es im Mai 2015 in der georgischen Hauptstadt Tiflis schon einmal einen Mordanschlag gegeben, den er verletzt überlebte.
Russland weist Vorwürfe zurück
Über Verwicklungen Russlands in den Fall gab es bereits in der Vergangenheit wiederholt Spekulationen. Die russische Regierung wies diese stets zurück.
Auch heute wieder. Der Kreml erklärte noch vor der offiziellen Übernahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft, dass in Moskau nichts über diesen Vorgang bekannt sei. «Wir sind absolut nicht auf dem Laufenden in diesem Fall», sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Es handle sich um «Hypothesen ohne jede Grundlage», einen «seriösen Verdacht» gebe es nicht.
Der Sprecher betonte zudem, dass die Entwicklung in dem Mordfall den Ukraine-Gipfel in Paris am kommenden Montag zur Lösung des Konflikts im Donbass nicht überschatten solle.