Seit Jahren und zum Teil Jahrzehnten beherbergt Pakistan Millionen von Afghaninnen und Afghanen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Allein 600'000 kamen vor zwei Jahren mit der Machtübernahme der Taliban. Von den insgesamt 4.4 Millionen Menschen haben 1.7 Millionen keine gültigen Papiere und sind damit illegal im Land.
Diese hat die Regierung nun des Landes verwiesen und begründet das mit der verschärften Sicherheitslage. Innenminister Sarfraz Bugti machte diese Woche die afghanische Diaspora für 14 der bisher 24 Selbstmordanschläge in diesem Jahr verantwortlich. Wer nicht freiwillig geht, soll deportiert werden.
Zeitpunkt ist kein Zufall
In den vergangenen Monaten hatte Islamabad die Regierung in Kabul wiederholt aufgefordert, die Aktivitäten der militanten pakistanischen Taliban einzudämmen, die für viele Terroranschläge verantwortlich seien. Weil Afghanistan offenbar nicht zur Kooperation bereit sei, folge jetzt der extreme Schritt, erklärt SRF-Südasien-Korrespondentin Maren Peters.
Zwar sind in Afghanistan und Pakistan zwei unterschiedliche Taliban-Gruppierungen aktiv. Doch Pakistan vermutet, dass die pakistanischen Taliban im Land Afghanen rekrutieren. Kabul sehe dabei tatenlos zu und dulde pakistanische Taliban, die sich zur Planung neuer Anschläge nach Afghanistan zurückzögen.
Zweifel an Machbarkeit
Einige Experten bezweifeln laut Peters auch aus logistischen Gründen, dass die Menschen überhaupt zurückgeschafft werden könnten. Denn sie sind über das ganze Land verteilt und müssten erst einmal gefunden werden.
Viele der Betroffenen wollen vermutlich auch gar nicht gefunden werden, sondern lieber bleiben. Denn in Afghanistan warten eine schwache Wirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit, aber auch wenig Perspektiven vor allem für Frauen und Mädchen. Entsprechend könnten viele versuchen, ins Nachbarland Iran oder nach Europa zu flüchten, wie Peters sagt.
Seit langer Zeit integriert
Zehntausende afghanische Flüchtlinge sind schon seit Jahren in Pakistan und haben zum Teil Geschäfte aufgebaut. Viele von ihnen waren bereits nach der russischen Invasion gekommen und sind somit seit 40 Jahren im Land. Viele sind gut integriert, teils verheiratet mit Einheimischen und haben Kinder, die nie in Afghanistan waren. Die vom jüngsten Entscheid Betroffenen fordern jetzt zumindest eine längere Übergangsfrist von sechs Monaten, um sich besser vorbereiten zu können.
Auch die für Januar angesetzten Wahlen in Pakistan haben den jetzigen Entscheid vermutlich beeinflusst, wie Peters sagt: Sicherheitsanalysten gehen davon aus, dass die Regierung mit dieser Ausschaffungsaktion vor den Wahlen versucht, die Sicherheit im Land zu verbessern und zu demonstrieren, dass sie die Lage im Griff hat. Aber auch, um die einheimische Bevölkerung zu beruhigen, die befürchtet, dass ihr die afghanischen Flüchtlinge im wirtschaftlich schwierigen Umfeld die Arbeit wegnehmen.