Corona-Ausbruch in NRW: In Deutschland macht der Fleischverarbeitungskonzern Tönnies Schlagzeilen. Nach einem Coronavirus-Ausbruch unter den knapp 7000 Beschäftigten in der grössten Fleischverarbeitungsfabrik Deutschlands in Nordrhein-Westfalen sind bislang mehr als 1300 positiv auf das Virus getestet worden. Die Fabrik wurde am Freitag für zwei Wochen dichtgemacht, allen Mitarbeitenden wurde eine Quarantäne verordnet – inklusive allen ihren Haushaltsangehörigen. Als Vorsichtsmassnahme schloss die Landesregierung Schulen und Kitas in der Region.
Kein regionaler Lockdown: Ministerpräsident Armin Laschet schloss weitergehende Massnahmen, etwa einen regionalen Lockdown, nicht aus, will damit aber noch zuwarten. Er begründet seine Haltung damit, dass der Coronavirus-Ausbruch mit den Tönnies-Fleischverarbeitern klar lokalisierbar sei und es keinen signifikanten Übersprung der Infektionen auf die Bevölkerung gebe. Dazu sagt SRF-Korrespondent Peter Voegeli: «Man muss dazu auch wissen: Laschet war immer der Gegenspieler des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder – und dafür, den Shutdown der Wirtschaft zu beschränken.»
Der Ausbruch war klar lokalisierbar, doch die Gefahr für eine weitere Verbreitung ist keineswegs gebannt.
Gefahr ist nicht gebannt: Problematisch am Vorgehen Laschets ist, dass die mehr als 1300 positiv getesteten Angestellten von Tönnies in verschiedenen Stadtteilen untergebracht sind und nicht einmal Tönnies von allen weiss, wo genau sie wohnen. Sie alle und ihre Angehörigen sollen jetzt auf Corona getestet werden – das stellt die Behörden vor Probleme. Inzwischen sind bis zu 40 mobile Teams unterwegs, um die Leute an ihrem Wohnort zu testen. Den Teams gehören Personen des Ordnungsamts, des Roten Kreuzes und der Bundeswehr an. «Der Ausbruch war klar lokalisierbar, doch die Gefahr für eine weitere Verbreitung ist keineswegs gebannt», sagt Voegeli.
Kritik an Fleischindustrie: Der Coronavirus-Ausbruch bei Tönnies hat in Deutschland die Diskussion um die Zustände rund um die Produktion und Verarbeitung von Billigfleisch befeuert, nachdem es bereits im Mai in einem Schlachthof des Konkurrenzunternehmens Westfleisch im Kreis Coesfeld zu einem Corona-Ausbruch gekommen war. Damals wurde in der breiten Öffentlichkeit bekannt, unter welchen teils miserablen Umständen die Fleischverarbeiter arbeiten und leben: Viele der meist aus Osteuropa stammenden Fleischverarbeiter und -verarbeiterinnen sind über Sub-Unternehmer angestellt, arbeiten zu Billiglöhnen und wohnen oft in kleinen, manchmal baufälligen Wohnungen. Nicht selten hausen und schlafen mehrere Personen in einem Zimmer – beste Voraussetzungen für Corona-Infektionen.
Besserung in Sicht: Nach dem Fall bei Westfleisch im Mai versprach die Politik Besserung. Inzwischen arbeitet die Regierung in Berlin an einem Gesetzentwurf, der Werkverträge in der Fleischindustrie verbieten soll und beim Arbeitsschutz Verschärfungen bringt. Das neue Gesetz soll schon per 2021 in Kraft treten. Das Schlachten und Verarbeiten der Tiere soll ab dann nur noch von Betriebsangestellten erlaubt sein. Auch könnten die einzelnen Bundesländer selber schärfere Vorschriften erlassen, sagt Korrespondent Voegeli. «Da ist schon einiges im Gang.»