- Die erste SMS der Welt aus dem Jahr 1992 ist als digitaler Code versteigert worden.
- Das «Non Fungible-Token» (NFT) erzielte in Neuilly-sur-Seine bei Paris einen Preis von 107'000 Euro – am unteren Ende der vom Auktionshaus Aguttes geschätzten Spanne von 100'000 bis 200'000 Euro.
- Verkäufer war Vodafone, das Geld spendet die Firma nach eigenen Angaben an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR).
Es sind 14 Buchstaben am Anfang des Handyzeitalters: «Merry Christmas» (Fröhliche Weihnachten) war am 3. Dezember 1992 auf einem Mobiltelefon eines Vodafone-Mitarbeiters zu lesen. Er hatte die erste SMS der Welt bekommen – das war der Startschuss für eine andere Art der Kommunikation. Was damals Innovation war, ist heute ein Stück Technik-Geschichte. Und die kam nun unter den Hammer: Das französische Auktionshaus Aguttes versteigerte die SMS als ein «Non-Fungible Token» (NFT; deutsch: nicht austauschbare Wertmarke).
Für diesen digitalen Code hatte das Auktionshaus Aguttes auf seiner Webseite, bei der man Gebote abgeben konnte, eine Spanne von 100'000 bis 200'000 Euro genannt. Der Entwicklungsleiter des Auktionshauses, Maximilien Aguttes, hoffte aber auf einen höheren Preis: Diese erste Textnachricht sei ein historisches Zeugnis für den Fortschritt und absolut einzigartig. Doch er wurde schliesslich enttäuscht.
Der Blockchain-Experte Toni Caradonna sieht die NFTs als Teil einer neuen Welle der Digitalisierung. In der ersten Welle in den 90ern hätten Emails die Kommunikation verändert und in der Welle danach seien durch die sozialen Medien Gemeinschaften neu entstanden. «Nun geht es um die Digitalisierung von Werten und Eigentum», sagt Caradonna, der bei der Schweizer Blockchain Trust Solutions AG im Vorstand sitzt. «Durch das Copypasting der vergangenen Jahrzehnte haben wir die digitale Kontrolle über das Eigentum verloren.» Die holt man sich mit den Non-Fungibel Tokens zurück. «Mit NFTs kann ich beweisen, dass etwas nur mir gehört – ich habe die Kontrolle.»
Das NFT sei eine Referenz zu einem realen Objekt, erklärt Caradonna. «Es geht nicht um das Eigentum des Objekts, worauf das NFT zeigt, sondern es geht um das NFT selbst: ein digitales nicht kopierbares Unikat.»
NFT sind wie Panini-Bildchen-Sammeln
Und wie geht es weiter mit den NFT? Philipp Sandner von der Frankurt School of Finance & Management spricht von einer derzeitigen Hype-Phase mit sehr spekulativem Charakter. Er verweist auf andere Hypes noch vor dem Internetzeitalter: Einst hätten Sammler für Briefmarken oder Panini-Fussballbildchen ebenfalls viel Geld bezahlt, die Sammel-Leidenschaft sei dann aber verflacht und heutzutage läge die Marken und Bildchen unbeachtet in Schränken rum. Auch bei NFT werde die Nachfrage irgendwann nachlassen. Aber: «Es wird Schwankungen geben, aber wegzudenken sind sie nicht mehr», so Sandner.
Während die erste SMS der Welt versteigert wurde, befand sich einer ihrer Initiatoren 5500 Kilometer entfernt vom Geschehen: Der Programmierer Neil Papworth, der 1992 besagte Kurznachricht in England von einem Computer aus an ein Handy eines Vodafone-Kollegen verschickte, lebt inzwischen in Montreal. Was hält der heute 51-Jährige davon, dass die SMS ein digitales Abbild bekommt? «NFTs sind nicht so mein Ding, ich habe nie eins gekauft oder verkauft», sagt er der Deutschen Presse-Agentur. «Aber wenn Leute sowas kaufen wollen – warum nicht?» Dass die Auktion Geld für einen guten Zweck einbringe und den Käufer glücklich mache, sei eine gute Sache.