Der US-Bundesstaat Kalifornien wird von zwei Amokläufen erschüttert: Am Samstag stürmte ein Mann ein Tanzstudio bei Los Angeles, tötete 11 Menschen – und sich selbst. Am Montag erschoss ein Schütze südlich von San Francisco sieben Menschen.
Die Waffengewalt hat die USA seit Jahren im Griff – in US-Medien ist die Rede von einer Epidemie. Die Datenbank «Gun Violence Archive» zählt allein in diesem Jahr schon 39 Massenschiessereien mit mindestens vier Toten oder Verletzten.
Auf besonders schreckliche Amokläufe folgt stets die Forderung, den Zugang zu Waffen mit schärferen Gesetzen zu erschweren. James Densley von der Metro State University in Minnesota hat zahlreiche Amokläufe untersucht. Es gebe keinen Zweifel daran, dass der leichte Zugang zu Schusswaffen ein grosser Teil des Problems sei.
«In den USA sind schätzungsweise 400 Millionen Waffen im Umlauf – verbunden mit Waffengesetzen, die immer mehr gelockert werden», sagt Densley. «In manchen Bundesstaaten muss man kaum noch Hürden überwinden, um Waffen zu kaufen und sie in der Öffentlichkeit zu tragen.»
Manche Bundesstaaten haben nur schwache Gesetze, andere haben die Schraube angezogen. Illinois hat vor kurzem ein Verbot von halbautomatischen Gewehren erlassen. In Kalifornien sind die Waffengesetze besonders streng – wenigstens für US-Verhältnisse. Das scheint zu wirken: Im landesweiten Vergleich werden dort wenig Waffentote gezählt.
Der Fall verdeutlicht aber: Die USA sind ein Flickenteppich, wenn es um Waffengesetze geht. Adam Winkler, Experte für Waffengesetze an der University of California, sagt im Interview mit dem Sender PBS: «Waffengesetze können fast nicht wirksam sein, wenn ein Kalifornier im benachbarten Arizona oder Nevada eine Waffe kaufen kann, die in Kalifornien verboten ist.»
Die Lösung wären landesweite Gesetze; Verbote von halbautomatischen Gewehren und Magazinen, die viele Patronen enthalten. Waffen, mit denen in kürzester Zeit viele Menschen getötet werden können. Oder eine lückenlose Überprüfung von Waffenkäufern.
Oberster Gerichtshof kann intervenieren
Im Kongress sind diese Gesetze am Widerstand der republikanischen Partei gescheitert, sogar nach besonders verheerenden Amokläufen in Primarschulen. Und selbst wenn einzelne Bundesstaaten neue Waffengesetze erlassen: Es besteht die Möglichkeit, dass der Oberste Gerichtshof in Washington sie wieder kippt – mit dem Verweis auf den zweiten Verfassungszusatz, der das Recht, Waffen zu tragen, festschreibt.
Auch einige der strengsten Waffengesetze, die etwa in Kalifornien bereits in Kraft sind, könnten wieder infrage gestellt werden, sagt Winkler: «Für die Politikerinnen und Politiker in Kalifornien ist das besorgniserregend: Es ist fraglich, ob neue oder bereits beschlossene Waffengesetze vom Obersten Gerichtshof zugelassen werden.»
Doch ganz festgefahren scheint die Situation nicht: Im letzten Jahr beschloss der US-Kongress eine leichte Verschärfung der landesweiten Waffengesetze – zum ersten Mal seit Jahrzehnten – nach einem fürchterlichen Amoklauf an einer Schule im US-Bundesstaat Texas.
Doch seit Anfang Jahr kontrolliert die republikanische Partei mit einer knappen Mehrheit das Repräsentantenhaus, die Demokratinnen und Demokraten den Senat. Eine Verschärfung der Waffengesetze ist nicht zu erwarten – egal, wie viele Amokläufe dieses Jahr noch gezählt werden.