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Nach rechtem Terror in Halle Kritik wird laut an der Einzeltäter-These

  • Die Ermittler haben weitere Details zum versuchten Anschlag auf eine Synagoge im ostdeutschen Halle (Saale) bekannt gegeben.
  • Laut Bundesanwaltschaft fehlten bislang Anhaltspunkte, dass der Festgenommene mit einer rechtsterroristischen Organisation in Verbindung gestanden habe.
  • Politiker und Opferberatungen stellen nun Begriff und Vorstellung eines «Einzeltäters» infrage.

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Aus dem Archiv: Beweismittel bei Verdächtigem sichergestellt
Aus Tagesschau vom 10.10.2019.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 55 Sekunden.

Im Fokus der aktuellen Ermittlungen gegen den mutmasslichen Terroristen stünde, «ob Personen in die Vorbereitung oder Durchführung des Anschlags eingebunden waren oder im Vorfeld Kenntnis hiervon hatten», wie die Bundesanwaltschaft erklärte.

Bisher fehlten «zureichende tatsächliche Anhaltspunkte» dafür, dass der Beschuldigte an eine rechtsterroristische Vereinigung angebunden gewesen sei oder ein sonstiger Zusammenhang mit einer solchen Vereinigung bestehe. Die Ermittlungsbehörden sprechen dementsprechend bislang von einem Einzeltäter.

Opferberatungen mahnten erfolglos

Nun hat der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, den Begriff des Einzeltäters kritisiert. Damit werde seit Jahrzehnten versucht, die Öffentlichkeit nach rechten Anschlägen zu beruhigen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Wie viele Einzeltäter sollen denn noch ihr Unwesen treiben, bevor endlich die Einzeltäterthese beerdigt wird?
Autor: Jan Korte Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion

Opferberatungen machten schon lange «auf die rechten Netzwerke und den braunen Sumpf aufmerksam, aus dem all die Täter kamen». Rechte Gewalt sei nicht zu trennen von rechter Ideologie und deren gesellschaftlicher Verbreitung.

Wie effektiv ist der deutsche Rechtsrahmen?

Der mutmassliche Attentäter war nach Angaben der Sicherheitsbehörden zuvor nicht mit anderen kriminellen Handlungen aufgefallen. Obwohl bekannt sei, dass es in Deutschland rund 24'000 Rechtsextremisten gebe und etwa die Hälfte davon gewaltbereit sei, habe ihn offenbar kein Sicherheitsorgan «im Rahmen des normalen Systems» auf dem Schirm gehabt, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner».

Um ähnliche Fälle künftig ausschliessen zu können, brauche es neue Techniken, mehr internationale Zusammenarbeit und eine Überprüfung des eigenen Rechtsrahmens «im Sinne von Effektivität». Bürgerrechte dürften dafür aber nicht infrage gestellt werden.

Deutschland stehe zu historischer Verantwortung

Bundesinnenminister Horst Seehofer versprach in Halle, die Bundesregierung werde alles tun, damit «die Juden in unserem Land ohne Bedrohung, ohne Angst leben können». Bundeskanzlerin Angela Merkel brachte im Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ihre tiefe Betroffenheit über den antisemitischen Anschlag zum Ausdruck, wie eine Regierungssprecherin mitteilte.

Merkel habe deutlich gemacht, dass Deutschland fest zu seiner historischen Verantwortung stehe, jüdisches Leben zu schützen. Die Bundesregierung werde den Kampf gegen den Antisemitismus entschlossen fortsetzen.

Historiker Seligmann: «Es geschieht nichts»

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«Ich empfinde ohnmächtige Wut», schreibt der empörte Publizist und Historiker Rafael Seligmann in einem Gastbeitrag für die «Rheinische Post»: Seit Jahrzehnten sei er Zeuge von antijüdischen Anschlägen in Deutschland. «Danach erscheinen Politiker auf der Bildfläche. Sie sprechen von Trauer und versichern, wie wichtig ihnen das Wiederentstehen jüdischer Gemeinden in Deutschland ist. Und es geschieht nichts oder zumindest zu wenig.»

Bei dem Angriff führte der Täter nach Angaben von Generalbundesanwalt Peter Frank vier Schusswaffen mit sich. Es sei zumindest eine vollautomatische Schusswaffe dabei gewesen, zudem habe er auf der Fahrt zur Synagoge mehrere chemische Sprengsätze im Auto gehabt.

In Speziallaboren werde nun untersucht, um was für Chemikalien es sich handele, hiess es aus Sicherheitskreisen. Geklärt werden soll auch, ob der Sprengstoff selbst zusammengerührt wurde und woher etwaige Kenntnisse dafür stammen.

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