Die Situation in Pakistan sei sehr schwierig, findet Ashok Swain, Professor für Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Uppsala in Schweden und UNO-Berater. Dass politische Führer verhaftet würden, sei nichts Neues in Pakistan, so Swain. Das sei schon mindestens fünf Premierministern vor Imran Khan passiert. Aber diesmal sei die Ausgangslage anders als früher – aus zwei Gründen.
Erstens, wenn früher ein Premierminister abgesetzt oder verhaftet worden sei, dann sei dieser nicht mehr beliebt gewesen. Anders bei dem früheren Cricket-Star Imran Khan. Er sei bei sehr vielen Leuten in Pakistan immer noch sehr populär, obwohl er Fehler gemacht habe und ihm Korruption vorgeworfen werde. Populär sei er auch deshalb, weil seine politischen Gegner schwach seien.
Was ebenfalls anders sei, als früher: Das Militär, das die wahre Macht in Pakistan darstelle, habe nicht mehr die gleiche Legitimität wie früher. Was sich auch daran zeige, dass sich der Protest dieses Mal vor allem gegen das Militär richte. Und weil nicht nur die Politik in der Krise sei, sondern auch die Wirtschaft und gleichzeitig die Sicherheit nicht gewährleistet sei, sei die Lage dieses Mal ernster als früher.
Neuwahlen als Ausweg
Konfliktforscher Swain sieht Pakistan an der Schwelle zum Bürgerkrieg, wenn nicht schnell eine politische Lösung gefunden werde. Eine politische Lösung könnte zum Beispiel vorgezogene Neuwahlen sein. Imran Khan fordert diese schon länger. Die vom Militär gestützte Regierung um Premierminister Shehbaz Sharif hat sich bisher aber aus Angst vor einer Abwahl dagegen gewehrt.
Eine unabhängige, freie Wahl könnte die Lage für eine Weile stabilisieren, meint Ashok Swain. Wenn das Militär und die Regierung sich nicht darauf einliessen, sei eine erneute Militärdiktatur wahrscheinlich.
Seit der Unabhängigkeit Pakistans 1947 ist das schon drei Mal passiert. Was dieses Mal allerdings dagegen spricht, ist, dass das Militär an der Macht ist statt einer gewählten Regierung, sagt Swain. Der Internationale Währungsfonds werde sich deshalb vermutlich weigern, das dringend benötigte Milliardenhilfspaket freizugeben, um das sich Pakistan schon seit langem bemüht.
Denn Pakistan ist nicht nur an der Schwelle zum Bürgerkrieg, sondern auch am Rand einer Staatspleite. Neben Neuwahl und Militärdiktatur bliebe noch eine dritte Option, sagt der Konfliktforscher. Eine Machtübernahme durch radikale Islamisten, wie im Nachbarland Afghanistan, sei immer eine Gefahr in Pakistan, sagt Swain. Die beste Lösung wäre seiner Meinung nach daher eine vorgezogene Neuwahl.
Die Lage sei gerade extrem gefährlich, warnt Swain. Pakistan sei umzingelt von Ländern wie Afghanistan, Iran, Indien und China und darum strategisch extrem wichtig. Zudem habe das Land mehr Atomwaffen als Indien und es gebe starke islamistische Kräfte sowohl im Land selbst als auch im Nachbarland Afghanistan. Und darum dürfe es auch der Welt nicht egal sein, was in Pakistan passiert.