In der sizilianischen Stadt Agrigent wurde die «Sea-Watch 3»-Kapitänin Carola Rackete von der italienische Staatsanwaltschaft befragt. Rackete erschien im Justizpalast. Ihre Anhänger demonstrierten vor dem Gebäude. Aktivisten einiger NGOs verteilten Flugblätter zur Unterstützung von Rettungsaktionen im Mittelmeer.
Bei der Staatsanwaltschaft sollte die Kapitänin erklären, warum sie die Flüchtlinge aus dem Mittelmeer rettete, ohne auf die libysche Küstenwache zu warten, und warum sie dann mit ihrem Schiff nicht einen libyschen oder tunesischen Hafen ansteuerte.
Es soll nicht um mich als Person, sondern um die Sache gehen.
Die Befragung dauerte rund vier Stunden. Eine schnelle Entscheidung, ob es zu einem Prozess kommt oder die Vorwürfe fallen gelassen werden, zeichnete sich aber nicht ab.
Aufruf für europäische Lösung
Nach ihrer Anhörung rief Rackete die EU dazu auf, eine Lösung bei der Verteilung von Migranten zu finden. «Es ist mir sehr wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass es gar nicht um mich als Person, sondern um die Sache gehen sollte.»
Tausende von Flüchtlingen seien in einem Bürgerkriegsland und müssten dort dringend evakuiert werden, sagte sie. «Ich erwarte von der Europäischen Kommission insbesondere, dass sie sich möglichst schnell darauf einigt, wie diese Bootsflüchtlinge in Europa aufgeteilt werden sollen.»
Nicht mehr Teil der Sea-Watch-Crew
Nach Angaben ihres Anwalts ist Rackete nicht mehr Mitglied der derzeitigen Besatzung der Sea-Watch. Sie mache jetzt etwas anderes, sagte er. Auf die Frage, ob sie nach Deutschland zurückkehren würde, sagte Rackete selbst: «Ja».
Generell ist es normal, dass die Seenotretter ihre Crew nach Einsätzen austauschen. Die «Sea-Watch 3» liegt zudem derzeit in Sizilien an der Kette und kann nicht ausfahren.
Beihilfe zur illegalen Einwanderung
Die 31-Jährige war am 2. Juli nach der Entscheidung einer Ermittlungsrichterin in Agrigent aus dem Hausarrest entlassen worden. Gegen die 31-Jährige wird wegen Beihilfe illegaler Einwanderung sowie Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und gegen ein Kriegsschiff ermittelt.
Rackete war mit der «Sea-Watch 3» und 40 Flüchtlingen an Bord am 29. Juni unerlaubt in den Hafen von Lampedusa eingefahren und festgenommen worden. Eine Ermittlungsrichterin liess die Vorwürfe gegen die Deutsche fallen. In einem getrennten Verfahren wird aber weiter gegen sie ermittelt.
Die Kapitänin der deutschen Seenotrettungsorganisation Sea-Watch hat ihrerseits Klage gegen den rechtspopulistischen italienischen Innenminister Matteo Salvini erhoben, weil er Hassbotschaften gegen sie gesendet und andere Menschen aufgestachelt habe.
Salvini hatte die 31-Jährige unter anderem als «Nervensäge» und «verbrecherische Kapitänin» bezeichnet. Zudem hatte er erklärt, Rackete habe «versucht, fünf italienische Soldaten zu töten».