- Kosovos Regierungschef Ramush Haradinaj ist überraschend zurückgetreten.
- Als Grund nannte der ehemalige UCK-Kommandant eine bevorstehende Befragung durch den Internationalen Strafgerichtshof.
- Die Aussagen, ob Haradinaj in Den Haag als Beschuldigter oder als Zeuge aussagen soll, sind noch widersprüchlich.
- Er wolle am Strafgericht «als Bürger und nicht als Regierungschef» aussagen, sagte er nach einer Regierungssitzung vor den Medien.
Haradinaj sieht sich seit Jahren mit Vorwürfen der Kriegsverbrechen an der serbischen Bevölkerung während des Kosovo-Kriegs 1999 konfrontiert. Bereits zwei Mal war er in Den Haag angeklagt, wurde jedoch zwei Mal freigesprochen.
Zur neusten Vorladung sagte Haradinaj im albanischsprachigen Teil der Pressekonferenz zu seinem Rücktritt: «Ich bin nicht angeklagt, ich werde nur befragt.» Als er auf Serbisch zu den Journalisten sprach, bezeichnete er sich als «Beschuldigten».
Ramush Haradinajs Rücktritt bedeutet, dass Staatpräsident Hashim Thaci innerhalb von 45 Tagen einen Nachfolger ernennen oder Neuwahlen ausschreiben muss.
Vergangenheit in der Schweiz
Ramush Haradinaj lebte zwischen 1989 und 1998 als politischer Flüchtling in der Schweiz. Er war der Überzeugung, Kosovo könne nur mit Gewalt von der serbischen Dominanz befreit werden und schmuggelte ab 1994 Waffen in die Region. Ab 1998 kämpfte Haradinaj im Kosovo, wo er schnell zum Kommandanten der sogenannten Befreiungsarmee UCK aufstieg.
Obwohl der deutsche Bundesnachrichtendienst 2005 zum Schluss kam, dass sich Haradinajs Familienclan im Nachkriegskosovo «mit dem gesamten Spektrum krimineller, politischer und militärischer Aktivitäten» befasste, stieg dieser bis zum Regierungschef auf. Mit ähnlichen Anschuldigungen sehen sich Mitstreiter wie Staatspräsident Hashim Thaci konfrontiert.