Ende Januar läuft die Amtszeit von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella ab. Der Amtsinhaber will – Stand heute – nicht erneut antreten. Als Nachfolger von Mattarella wird der amtierende Ministerpräsident Mario Draghi gehandelt. Doch ob er für das Amt kandidieren wird oder nicht, das weiss man bis heute noch nicht.
Bisher sagte er stets, diese Wahl sei Sache des Parlaments, die Regierung habe nichts zu sagen. An seiner Jahresendpressekonferenz sei er allerdings noch einmal direkt darauf angesprochen worden, sagt Dominik Straub, freier Journalist in Italien. Und er habe eher vage geantwortet.
Ein Dementi, ein klares Nein, würde anders tönen.
«Er hat einerseits gesagt, er habe keine Ambitionen, andererseits auch, dass die Regierungsarbeit auch fortgeführt werden könne, unabhängig von der Person, die diese Regierung leite. Also ein Dementi, ein klares Nein, das würde schon anders tönen», meint Straub. Er lebt in Rom.
Neuer Regierungschef nicht in Sicht
Draghi wird seit Monaten als Nachfolger gehandelt. Das hat laut Staub einen einfachen Grund: «Er ist eindeutig der beliebteste, kompetenteste und seriöseste Politiker, der Italien diesen Moment zur Verfügung steht. Insofern wäre er der natürliche und logische Nachfolger des ebenfalls sehr beliebten und seriösen Staatspräsidenten Sergio Mattarella.»
Weshalb sich Draghi bisher nicht festgelegt hat, könnte laut Straub an den Problemen liegen, die ein Wechsel in den Quirinal mit sich bringen würde. «Die erste und wichtigste Problematik wäre, dass Italien einen neuen Regierungschef bräuchte. Der ist im Moment nicht in Sicht.»
Wechsel wäre ein Verlust für das Land
Wechselt Draghi tatsächlich in den Präsidentenpalast, würde das Land «einen unglaublich guten Ministerpräsidenten verlieren», ist Straub überzeugt. «Vielleicht den besten, den es in den letzten 20 Jahren gehabt hat.» Draghi habe Italien sehr gut durch die Pandemie geführt.
«Die Coronazahlen steigen zwar wieder ein bisschen, aber im Vergleich zu anderen Ländern, etwa der Schweiz oder Deutschland, stand Italien in den letzten Monaten immer sehr gut da», bilanziert der Journalist.
Gleichzeitig gehe es der italienischen Wirtschaft gut. «Das hat natürlich auch damit zu tun, dass sie zuvor ziemlich stark eingebrochen ist», erklärt Straub. «Aber das Land ist im Moment in der Tat gut aufgestellt. Und das ist zweifellos das Verdienst eines Mannes, und das ist Mario Draghi. Ein Wechsel ins Staatspräsidium wäre ein Verlust für Italien.»
Wenn er ausfällt, ist die Gefahr gross, dass auch die Regierung auseinanderbricht.
Hinzu komme: Wenn Draghi das Amt des Ministerpräsidenten tatsächlich niederlegen würde, dann käme es in Italien zu Neuwahlen. «Davor fürchten sich hier alle ein bisschen», sagt der Journalist. Denn man dürfe nicht vergessen: Draghi führt seit Februar 2021 eine «Regierung der nationalen Einheit» – eine Koalition aus der rechtslastigen Lega, dem sozialdemokratischen PD und weiteren, teils kleinen Parteien.
«Die meisten Beobachter denken, dass Draghi die einzige Persönlichkeit ist, der eine solch heterogene Koalition zusammenhalten kann», erklärt der Italienkenner. Und das bedeute: «Wenn er ausfällt, dann ist die Gefahr gross, dass auch die Regierung auseinanderbricht, weil man sich nicht auf einen anderen, neuen Premierminister einigen kann.»