Mit der «Agenda 2030» hat sich die UNO ihr bisher ehrgeizigstes Projekt zur Verbesserung der Welt vorgenommen: Sie will Armut und Hunger eliminieren, Gesundheitsversorgung und Bildung für alle, Gleichberechtigung, Umwelt und Frieden.
Aber die Welt ist nicht auf Kurs. Sie droht, die Nachhaltigkeitsziele bei weitem zu verfehlen. Das ist Thema diese Woche am UNO-Gipfel in New York. Dort tritt auch Peter Messerli auf, der an der Zwischenbilanz zur «Agenda 2030» mitgearbeitet hat.
SRF News: Warum fällt diese Bilanz so düster aus?
Peter Messerli: Es ist nicht erstaunlich, dass die Ziele noch nicht erreicht sind. Viele Ziele sind nicht auf Kurs. Einige gehen sogar in die falsche Richtung. Aber das liegt nicht daran, dass die Pläne utopisch sind, sondern weil bisher zu wenig von dieser Transformation stattgefunden hat.
Wo ist man vor allem im Rückstand?
Beim Hunger. Und die Armut ist grösser, stärker und hartnäckiger als man gedacht hat. Am Schlimmsten sind aber der CO2-Ausstoss, Biodiversitätsverlust und wachsende Ungleichheiten. Da bewegt man sich sogar in die falsche Richtung.
Die «Agenda 2030»
Was sind die Gründe für die Schwierigkeiten?
Man versucht immer noch, einzelne Ziele Punkt für Punkt abzuhaken. Wir sehen aber, dass diese Ziele eng miteinander verbunden sind. Sprich: Wenn ich ein Ziel erreiche, kann ich andere behindern. Es gibt sozusagen Interessenskonflikte.
Wenn wir die Blockaden lösen können, haben wir ein riesiges Potenzial, einen schnellen Wandel zu erreichen.
Will ich alle Menschen der Welt ernähren, tue ich Gutes für die Armutsbekämpfung, aber Schlechtes für die Umwelt – 50 Prozent mehr Land würde benötigt, 90 Prozent mehr Treibhausgase würden ausgestossen. Wenn wir es schaffen, diese Blockaden zu lösen, haben wir ein riesiges Potenzial, die Wirkung zu vervielfachen und schnellen Wandel zu erreichen.
Wie könnte die Zielerreichung verändert werden?
Wir müssen aufhören, die einzelnen Kästchen abzuhaken und beginnen, auf den Pfeilen zu arbeiten. In unserem Bericht haben wir sechs Ansatzpunkte definiert, auf die wir unsere Anstrengungen fokussieren müssen: Ernährung, Städte, Konsum und Produktion, die Förderung menschlicher Fähigkeiten und der Schutz von globalen Umweltgütern.
Vor den Nachhaltigkeitszielen der UNO gab es die sogenannten Millenniumsziele. Diese gelten als Erfolg. Hat man sich bei der grösseren «Agenda 2030», deren Ziele zum Teil viel ehrgeiziger sind, schlicht zu viel vorgenommen?
Das glaube ich nicht. Die Summe diese Ziele zwingt uns eben genau, uns um die Gesamtheit zu bemühen. Wir müssen das Verhältnis zwischen Mensch und Natur erneuern. Das ist die zentrale Herausforderung. Wenn wir das schaffen, sehe ich hoffnungsvoll in die Zukunft.
Das Gespräch führte Fredy Gsteiger.