Weg zur nationalen Versöhnung: Im zentralafrikanischen Land Tschad hat die vom Militär gestützte Übergangsregierung ein Friedensabkommen mit gewissen Rebellengruppen unterzeichnet. Diese Gespräche wurden von Mahmat Idriss Déby initiiert. Er ist der Sohn des langjährigen Machthabers Idriss Déby. Die grösste Rebellengruppe, die Fact (Front für Wandel und Eintracht im Tschad), hat das Abkommen nicht unterzeichnet.
Tod des Präsidenten: Im April 2021 kam der damals amtierende Präsident Idriss Déby offiziell nach einem Besuch an der Frontlinie im Norden des Tschad ums Leben. Sein Sohn wurde vom Militär als Interims-Präsident eingesetzt. Die Militärregierung sprach von einer 18-monatigen Übergangsphase zu demokratischen Regeln und einer zivilen Regierung.
Umkämpfte Macht: In Tschad kam es bereits vor dem Tod des Präsidenten zu Kämpfen von Rebellengruppen gegen die Regierung. Déby sen. galt zwar in westlichen Ländern als Verbündeter im Kampf gegen die radikal-islamische Boko Haram am Tschad-See und gegen Gruppen in der Sahel-Zone, die mit Al-Kaida und der IS-Miliz verbündet sind. Doch die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch wirft Déby vor, im eigenen Land Unterdrückung und Verletzung von Menschenrechten vor.
Am Anfang seiner Präsidentschaft waren viele davon überzeugt, dass Mahmat Déby die Macht abgeben wird.
Nationaler Dialog: Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollen sich nun 1400 Vertreter aus der tschadischen Gesellschaft zusammensetzen und über die drängendes Probleme des Landes verhandeln. «Offiziell schliesst dieser nationale Dialog den Transitionsprozess ab», sagt Helga Dickow. Sie ist Konfliktforscherin am Arnold-Bergsträsser-Institut in Freiburg im Breisgau und ihr Forschungsschwerpunkt ist Tschad. «Es soll eine zivile, gewählte Regierung geben.»
Teilnehmende am inklusiven Dialog: Für die politische Elite sind in dem Gremium alle tschadischen Gesellschaftsschichten vertreten. «Es ist tatsächlich eine beeindruckende Liste: Parteien, Vertreter und Vertreterinnen der Diaspora, politisch-militärische Bewegungen und religiöse Kreise nehmen teil», sagt Dickow.
Es stelle sich aber die Frage, wo diese Kräfte politisch stünden. Denn sowohl die Vertreter der Zivilbevölkerung als auch die Fact-Rebellen, die den Dialog verweigern, sind der Meinung, dass nur Gruppen am nationalen Dialog teilnehmen, die sowohl der Regierung und den alten politischen Kräften nahestehen.
Im Tschad spricht man zum Teil nicht mehr von einem Dialog, sondern von einem Monolog.
Machtübergabe an eine zivile Regierung: «Am Anfang seiner Präsidentschaft waren viele davon überzeugt, dass Mahmat Déby die Macht abgeben wird. Doch umso länger die Zeit fortschreitet, desto grösser werden die Zweifel», so Dickow.
Die Vertreter der Zivilgesellschaft und die politisch-militärischen Gruppen fordern deshalb, dass sich die militärische Übergangsregierung unter der Führung des Militärrats nicht mehr zur Wahl stellt. Doch diese will dem Dialog nicht vorgreifen und will dies das Gremium entscheiden lassen. Dickow macht klar: Wenn das Gremium tatsächlich aus Unterstützern der aktuellen Regierung besteht, wird die jetzige Regierung an der Macht bleiben. «Der Sohn kann einfach eine Partei gründen.»
Scheindemokratisierung: «Im Tschad spricht man zum Teil nicht mehr von einem Dialog, sondern von einem Monolog», weil Beobachter davon ausgehen, dass die herrschende Elite einfach die Macht wieder unter sich aufteilt, sagt Dickow. «So lange der Tschad sich in den Händen einer bestimmten elitären Gruppe bewegt, wird an Umverteilung lange nicht zu denken sein.»