Erst wurde Japan vom schwersten Tropensturm seit 25 Jahren getroffen. Danach kam noch ein Erdbeben dazu. Martin Fritz, Journalist in Tokio, ordnet die Ereignisse ein.
SRF News: Rechnet man in Japan mit einem Nachbeben?
Martin Fritz: Das ursprüngliche Beben hatte eine Stärke von 6,6 auf der Richterskala. Aussagekräftiger ist eine japanische Skala, die angibt, welche Zerstörungskraft ein Beben tatsächlich gehabt hat. Nach dieser Skala hatte das Beben heute Morgen um drei Uhr Ortszeit eine Stärke von 6 Plus. Das ist die zweithöchste Stufe. Das zuständige Wetteramt hat nicht ausgeschlossen, dass es sogar Stärke 7 gewesen ist, also die höchste Stufe. Wir müssen mit heftigen Nachbeben rechnen.
Diese Woche hatten wir Glück. Der Taifun war zwar der mächtigste seit 25 Jahren. Aber er hat sich sehr schnell abgeschwächt.
Immerhin gab es keinen Tsunami, weil das Epizentrum unter der Insel und nicht im Meer war. Wir hatten auch kein Problem mit dem einzigen Atomkraftwerk auf der Insel Hokkaido, denn das war sowieso abgeschaltet. Aber die Notstromaggregate für die Abklingbecken sind angesprungen.
Es gab am Mittwoch noch einen Sturm, der die Hauptinsel Japans traf. Es war der stärkste seit 25 Jahren. Wie schlimm sind die Folgen?
Nach dem letzten Stand gab es elf Tote und 600 Verletzte. Viele Häuser sind immer noch beschädigt. Es wurden Dächer abgedeckt, Autos weggeweht, Lastwagen umgeworfen. Es gab auch sehr viele Erdrutsche, weil der Taifun mit sehr viel Regen kam. Dieses ganze Chaos wird nun gerade beseitigt.
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Bild 1 von 10. Am Tag nach dem Taifun wird in der Stadt Nishinomiya im Westen Japans das Ausmass von «Jebi» sichtbar. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 10. Auch in Kobe hinterlässt der Sturm ein Bild der Zerstörung. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 10. «Jebi» ist der stärkste Taifun in Japan seit 25 Jahren. Welche Kräfte er entfaltet hat, zeigte sich an einer Riesenwelle im Hafen von Aki in der Japanischen Präfektur Kochi, im Westen des Landes. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 10. Diese Welle im Hafen von Aki baute sich auf wie eine Wand. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 10. So sah das Auge des Taifuns «Jebi» über West-Japan aus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 10. Die Kraft von «Jebi» hat diesen Tanker mit einer Brücke kollidieren lassen. Dort sitzt das Schiff nun fest. Fest sassen deshalb auch 3000 Passagiere am Flughafen Osaka. Denn diese Brücke ist die Verbindung zwischen dem Kansai International Airport und dem Festland. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 10. Das Wasser ist dem Kansai International Airport in Osaka gefährlich nahegekommen. In ganz Japan mussten insgesamt rund 800 Flüge als Folge des Taifuns gestrichen werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 10. «Jebi» hat Osaka hart getroffen. Diese Ampelanlage ist komplett zerstört. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 10. Auch diese Autos in Osaka hat es hart getroffen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 10. Die Menschen in den betroffenen Gebieten kämpften gegen die starken Windböen. Bildquelle: Keystone.
Der Flug- und der Bahnverkehr sind ebenfalls arg beeinträchtigt. Hat sich die Situation derzeit wieder normalisiert?
Ja, die Superschnellzüge Shinkansen fahren wieder von Tokio aus Richtung Westen. Das grösste Problem ist der internationale Flughafen Kansei für die Stadt Osaka. Er ist auf einer künstlichen Sandinsel ins offene Meer gebaut worden und eine der beiden Start- und Landebahnen ist jetzt überflutet. Die Terminals sind teilweise ohne Strom, ein Keller soll unter Wasser stehen. Auch die einzige Brücke, die diesen Flughafen mit dem Festland verbindet, ist geschlossen.
Der Taifun hatte einen leeren Tanker in diese Brücke hineingetrieben. Dabei wurde eine Fahrbahn beschädigt und verschoben. Und jetzt ist Japans grösster Flughafen ausserhalb von Tokio mit immerhin täglich 400 Starts und Landungen auf unbestimmte Zeit geschlossen, mit womöglich gravierenden wirtschaftlichen Folgen.
Bei früheren Stürmen war die Opferzahl teilweise deutlich höher, obwohl die Intensität schwächer war. Man ist also jetzt besser vorbereitet. An was liegt das?
Bei diesen Taifunen kommt es darauf an, wie gross sie tatsächlich sind, wie hoch die Windgeschwindigkeiten sind, wie viel Regen sie mitbringen und wie lange sie ihre maximale Kraft behalten. Diese Woche hatten wir Glück. Dieser Taifun war zwar der mächtigste seit 25 Jahren. Aber er hat sich sehr schnell abgeschwächt und er hat auch nicht ganz so viel Regen mitgebracht wie zum Beispiel ein Taifun, der teilweise die Überschwemmungen im Juli ausgelöst hatte. Das ist der Hauptgrund, dass es nicht mehr Opfer gab.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.