EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat ein vernichtendes Urteil über die bislang vorliegenden britischen Papiere zum EU-Austritt gefällt. «Ich habe mit der nötigen Aufmerksamkeit alle diese Papiere gelesen und kein einziges stellt mich wirklich zufrieden», sagte der Luxemburger vor EU-Botschaftern in Brüssel. Es gebe «enorm viele Fragen», die noch offen seien.
In Brüssel läuft seit Montag die dritte Runde der Verhandlungen über den EU-Austritt Grossbritanniens. Der britische Verhandlungsführer David Davis hatte zum Auftakt von der EU-Seite mehr «Flexibilität und Vorstellungskraft» gefordert und dabei auf die von seinem Ministerium vorgelegten Papiere verwiesen. Darin wird gefordert, die Gespräche über den Austritt und ein Abkommen über die künftigen Beziehungen gleichzeitig zu führen.
Briten sollen zahlen
Juncker erteilte diesem Wunsch erneut eine klare Absage. «Wir werden keinerlei Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen beginnen, solange nicht alle anderen Fragen geregelt sind», sagte er mit Blick auf die noch ungeklärten Austrittsmodalitäten. Die Regeln seien «ultraklar».
Als eine der offenen Fragen nannte Juncker den künftigen Status der Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland. Zudem geht es zum Beispiel darum, welche finanziellen Verpflichtungen die Briten noch haben. Schätzungen zufolge könnten sie sich auf einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag belaufen.
Ungeregelter Austritt als Worst Case
Die Verhandlungen laufen unter erheblichen Zeitdruck. Der Brexit soll nach derzeitigem Stand Ende März 2019 erfolgen. Wenn es bis dahin keine Übereinkunft gibt, scheidet Grossbritannien ungeregelt aus der EU aus. Dies könnte für beide Seiten schwerwiegende wirtschaftliche Konsequenzen haben. Die derzeit laufende Verhandlungsrunde endet am Donnerstag.