Das war knapp. Viel knapper als erwartet. Aber Angela Merkel ist ein grosser Sieg in der Abenddämmerung ihrer politischen Karriere gelungen. Gerade noch rechtzeitig hat sie es geschafft, ihren Abgang von der politischen Bühne zu organisieren.
Sie hat mit ihrem angekündigten Rückzug die Partei wie ein Jungbrunnen wiederbelebt. Und es ist ihr gelungen, ihre Favoritin durchzusetzen.
Änderungen ja, aber bitte nicht zu viel
Gescheitert ist Friedrich Merz an den fehlenden Stimmen aus dem Lager seines erst 38-jährigen Konkurrenten Jens Spahn, der nach dem ersten Wahlgang ausschied.
Jens Spahn wäre als konservativer Politiker neben dem Konservativen Friedrich Merz verblasst. Eine starke Minderheit der Spahn-Anhänger wollte sich ihre Zukunftshoffnung bewahren.
Letztlich aber wollen die CDU-Delegierten und im Grunde die meisten Deutschen zwar Änderungen, aber bitte nicht zu viel davon. Merz war ihnen schlicht zu wirtschaftsliberal. Sie sind kein Volk von Aktionären, und schon gar nicht wollen sie Aktien für ihre Altersvorsorge kaufen.
Den Satz von Merz, «wir halten die Menschen nicht für betreuungswürdige Wesen, über die der Staat immer seine lenkende Hand halten muss», würden die meisten Deutschen nicht unterschreiben.
AKK ist keine Mini-Merkel
Man kann Annegret Kramp-Karrenbauer oder Friedrich Merz bevorzugen. Unabhängig von persönlichen Präferenzen aber hätte ein Sieg von Merz die CDU konservativer gemacht, damit der SPD Luft verschafft und die politischen Ränder geschwächt. Das politische System wäre mehr wieder so, wie es ursprünglich gedacht war.
Aber wir leben in neuen Zeiten. Annegret Kramp-Karrenbauer hat in den letzten Monaten inhaltlich noch kein klares Profil entwickelt, entwickeln können. Wieviel Merkel in ihr steckt oder eben nicht, wird sich zeigen. Aber ihre Entschlossenheit, ihr Selbstbewusstsein und ihr Ehrgeiz machen klar, dass von Mini-Merkel keine Rede sein kann.
Sieg von Kramp-Karrenbauer gut für die GroKo
«Voraussagen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen», lautet ein hübscher Spruch von Mark Twain. Was man aber mit Blick auf die jüngste Vergangenheit sagen kann: CDU, CSU und SPD versuchen ganz deutlich die Grosse Koalition zu stabilisieren und über die Runden zu bringen, sprich bis zum Ende der Legislatur zu erhalten.
Der Sieg von Annegret Kramp-Karrenbauer über Friedrich Merz stabilisiert die Grosse Koalition noch ein Stück mehr. «Game, Set, Match» für Merkel.