Inmitten der Spannungen zwischen Russland und dem Westen hat Kremlchef Wladimir Putin eine neue Militärdoktrin für die Kriegsmarine des Landes in Kraft gesetzt. Dort seien auch Russlands Seegrenzen, darunter in der Arktis und im Schwarzen Meer, festgelegt worden.
«Den Schutz werden wir hart und mit allen Mitteln gewährleisten», betonte der Kremlchef bei einer Parade mit Kriegsschiffen zum Tag der Marine in seiner Heimatstadt St. Petersburg.
Vor allem die USA und die Nato werden als Gefahren für Russlands Sicherheit genannt. Die erstmals seit 2015 erneuerte Marine-Doktrin ist auch eine Kampfansage an den Westen.
In der neuen Doktrin wurde festgeschrieben, dass das Streben der USA nach Dominanz auf den Weltmeeren eine «Herausforderung für die nationale Sicherheit Russlands» sei, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete.
Verhindert werden soll demnach, dass die USA den Zugang Russlands zu Bodenschätzen auf dem Meeresgrund der Weltozeane einschränken können – oder auch Schifffahrtswege. Russland erhebt in der Arktis Anspruch unter anderem auf das dort vermutete Gas, aber auch auf andere Ressourcen.
Stützpunkte ausserhalb Russlands im Fokus
Die Atommacht will demnach nun aktiver werden im Arktisraum, wo auch andere Anrainer Ansprüche angemeldet haben. Ausdrücklich betont wird in der neuen Doktrin, dass Russland zur Durchsetzung seiner Interessen auf hoher See militärische Gewalt anwenden könne, wenn alle Versuche einer Konfliktlösung auf diplomatischem Wege ausgeschöpft seien. Für den Kriegsfall sollen dann auch zivile Schiffe in die Seestreitkräfte eingegliedert werden können.
Als Gefahren benannt wurden ausserdem die Verlegung von militärischer Infrastruktur der Nato-Staaten an die russischen Grenzen sowie die Territorialansprüche einer «Reihe von Staaten», die Meeresregionen und Inseln des Riesenreichs betreffen würden. Japan etwa fordert die Rückgabe der Inselgruppe der Südkurilen im Pazifik.
Ausgebaut werden soll dem Dokument zufolge die Präsenz einer «ausreichenden Zahl» an Marinestützpunkten ausserhalb der Grenzen Russlands. In der syrischen Hafenstadt Tartus, wo die russische Flotte stationiert ist, war am Sonntag ebenfalls eine Schiffsparade geplant. Laut der Doktrin ist nicht zuletzt der Bau von modernen Flugzeugträgern vorgesehen – ungeachtet der Sanktionen des Westens gegen Werften.
Kontroverse um vermeintlichen Drohnenangriff
Die Krim-Metropole Sewastopol sagte am Sonntagmorgen alle Feierlichkeiten zu dem in Russland traditionell gross begangenen Tag der Marine ab. Gouverneur Michail Raswoschajew begründete dies damit, dass der Stab der Schwarzmeerflotte mit einer Drohne angegriffen worden sei. Sechs Menschen seien dabei verletzt worden. Die ukrainische Marine dementierte das.
In Wirklichkeit hätten sich die Russen aus Angst vor ukrainischen Angriffen nicht getraut, die Feierlichkeiten wie geplant abzuhalten, heisst es in einer auf Facebook veröffentlichten Mitteilung. «Und um sich nicht vor der ganzen Welt zu blamieren, weil er (der Feind) die Streitkräfte der Ukraine fürchtet, erfand er einen Grund, um die Veranstaltungen abzusagen.»
Von russischer Seite hiess es, die Drohne sei im Hof des Stabquartiers eingeschlagen. Gouverneur Raswoschajew zeigte Fotos mit Zerstörungen. «Am heutigen frühen Morgen haben ukrainische Nationalisten entschieden, uns den Tag der Marine zu verderben», schrieb Raswoschajew. Überprüfbar waren diese Angaben von unabhängiger Seite nicht.