Viele US-Botschafter erhalten ihre Posten nicht, weil sie das diplomatische Handwerk beherrschen. Sie werden Botschafter als Dankeschön für üppige Wahlkampfspenden oder weil sie dem Präsidenten nahestehen. Das gilt auch für den 53-jährigen Edward McMullen, der nun in Bern sein Amt antritt.
Marketingspezialist für Politik
McMullen sprang auf den Wahlkampfzug auf, als dieser erst gerade anrollte und kaum jemand an einen Sieg von Donald Trump glaubte. Dank McMullen, der in einer Werbefirma arbeitete und später seine eigene Politik-Marketingfirma gründete, triumphierte Trump in den wichtigen Vorwahlen in South Carolina. McMullen organisierte auch Trumps Amtseinsetzungsfeier massgeblich mit.
Er war auch bei der konservativen Heritage-Stiftung und ist im republikanischen Establishment seither bestens vernetzt. Bei der Anhörung für den Botschafterposten pries ihn der einflussreiche Senator Lindsey Graham in den höchsten Tönen: «Edward McMullen ist ein grossartiger Konservativer, der aber breiten Respekt geniesst.»
McMullen kennt die Schweiz
McMullen schlug sich gut in der Anhörung – anders als etwa die künftigen US-Botschafter in Paris und Berlin. Ihre Auftritte waren ebenso peinlich wie inkompetent: So weiss Trumps neue Repräsentantin in Paris kaum etwas über Frankreich und Präsident Emmanuel Macron. Und sein Mann für Berlin hat null Ahnung vom Problem der nuklearen Mittelstreckenraketen und vom Pipeline-Konflikt mit Russland.
McMullens Vorteil war, dass ihm die Schweiz nicht fremd ist. Er kennt sie von einem Austauschprogramm als Jungunternehmer, auch später war er öfters hier zu Besuch. Die Schweizer hätten eine Formel für den Erfolg gefunden, sagt er. McMullen weiss, dass die Schweizer Verfassung nach jener der amerikanischen gestaltet ist. Er lobt die guten Dienste der Schweiz und die gemeinsamen Werte.
In der Forschung ist die Schweiz eine Supermacht.
Er geizte während der Senatsanhörung nicht mit Komplimenten: «Wir teilen gemeinsame Werte wie den Respekt für Gesetz und Ordnung», sagte er über die Vereinigten Staaten und die Schweiz. Auch sei die Regierung in beiden Ländern dem Volk verpflichtet.
Wirtschaftliche Beziehungen im Fokus
Bei seiner Arbeit als US-Botschafter in Bern stehen für McMullen klar die wirtschaftlichen Beziehungen im Vordergrund. Die Schweiz sei der siebtgrösste Investor in den USA und schaffe dort hunderttausende guter Arbeitsplätze, sagte er. Und: «In der Forschung ist die Schweiz gar eine Supermacht.»
Zu heiklen Themen wie dem Schweizer Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA, der Schwächung des Frankens durch die Schweizerische Nationalbank oder zur Bankenkrise schwieg er. Dafür erwähnte McMullen den Hang der Amerikaner zu Rolex- und Patek-Philippe-Uhren. Das war jedoch sein einziger humoristischer Satz vor dem Senatsausschuss.
Nähe zu Trump ein Vorteil für die Schweiz?
Vor seinem Amtsantritt in Bern hielt sich der PR-Profi zurück. Interviews will er erst nach Amtsantritt und nicht vor Dezember geben. Genauso wie sein oberster Chef gilt McMullen aber als scharfer Kritiker der «Political Correctness». Für ihn ist Trump der charismatischste US-Präsident seit Ronald Reagan, wenn nicht gar noch ein bisschen charismatischer.
Wenngleich die Trump-Nähe McMullens manche Schweizer irritieren dürfte, so ist es in der Regel für die bilateralen Beziehungen von Vorteil, wenn der US-Botschafter einen direkten Zugang zum Herrn im Weissen Haus hat. Umso mehr, wenn es jemand ist, der sein Gastland schätzt. Die Schweiz dürfte für die nächsten Jahre einen Verbündeten für ihre Anliegen in Washington haben.