Bob Woodward hat ein Buch über den amtierenden US-Präsidenten Donald Trump verfasst. Der Investigativjournalist ist bekannt als Enthüller der Watergate-Affäre, die in den 70er-Jahren Präsident Nixon zu Fall brachte. Er hat acht Bücher über US-Präsidenten geschrieben. Curd Knüpfer arbeitet für das Kennedy-Institut in Berlin und kennt Woodwards Vorgehensweise.
SRF News: Findet sich in Bob Woodwards Buch «Fear – Trump in the White House» etwas wirklich Neues über die US-Regierung?
Curd Knüpfer: Neues ist nicht viel dabei. Es wird bestätigt, dass im Weissen Haus ein ziemlich chaotischer Stil herrscht. Das gibt natürlich kein gutes Bild für einen Führungsstil ab.
Tatsächlich wurde die Watergate-Berichterstattung, die Woodward zusammen mit Carl Bernstein in den 70ern durchführte, für Nixon gefährlich.
Woodward hat über fast jeden Präsidenten seit Nixon eines oder mehrere Bücher geschrieben. Ist er quasi der Präsidentenüberwacher?
So würde er sich, glaube ich, gerne darstellen. Und so wird er oft auch dargestellt. Tatsächlich wurde die Watergate-Berichterstattung, die er zusammen mit Carl Bernstein in den 70ern durchführte, für Nixon gefährlich. Er musste infolge dieses Skandals zurücktreten. Wenn man sich aber als Investigativjournalist in Washington über mittlerweile mehr als vier Jahrzehnte hält und immer wieder Quellen findet, die mit einem reden, dann ist das ein bisschen paradox. Kritische Beobachter sollte es stutzig machen, dass Woodward als Präsidentenüberwacher angesehen wird und trotzdem immer wieder das Vertrauen erhält.
Lebt Woodward auch von seinem Nimbus als Watergate-Enthüller?
Um Woodward existiert definitiv ein Nimbus. Er wurde schon mehrfach in Hollywood-Filmen dargestellt.
Woodward kommt immer wieder an Quellen, die bereit sind, Dinge zu enthüllen, die uns als Menschen interessieren, die aber nicht unbedingt von politischer Brisanz sind.
Aber beispielsweise in der Bush-Ära hätte man enthüllen können, was die Regierung rund um den Irak-Krieg plant oder wie sie die amerikanische Bevölkerung hinters Licht geführt hat. Doch die Bücher Woodwards haben Bush nicht so sehr geschadet, dass er nicht nochmals vier Jahre hätte regieren können.
Das heisst, die ganz pikanten Sachen standen gar nicht drin?
Woodward pflegt einen relativ neutralen Stil. Er tut gerne so, als wäre er die Fliege an der Wand, als würde er von aussen beobachten. Aber oftmals werden dann Quellen zitiert, die er nicht genau benennt, er sagt nicht, von wem er diese Informationen hat. Darum ist es immer auch etwas Klatsch und Tratsch.
Es sind Leute, die möglicherweise nicht mehr in ihrer vorherigen Position sind, die mit ihm reden, und die möglicherweise nicht ganz zufrieden mit ihrer vorherigen Anstellung waren. So kommt er immer wieder an Quellen, die bereit sind, Dinge zu enthüllen, die uns als Menschen interessieren, die aber nicht unbedingt von politischer Brisanz sind.
Alle paar Monate kommen neue Bücher über Trump auf dem Markt und landen auf den Bestsellerlisten. Ist das Ganze ein gutes Geschäft?
Das ist sicherlich ein gutes Geschäft. Die Bücher verkaufen sich auch ausserhalb Washingtons und ausserhalb der USA. Doch die Bücher sind nur das eine. Es geht ebenfalls um die mediale Aufmerksamkeit. Man spricht darüber, man baut am eigenen Nimbus. Das gilt oft für Personen, die von ihren Stellen zurücktreten und so die Chance nutzen, im Gespräch zu bleiben wie beispielsweise der ehemalige FBI-Direktor James Comey. Aber das Bild, das sich bisher aus diesen Büchern ergeben hat, bestätigt die bisherigen Erkenntnisse.
Trumps Wähler beeindrucken diese Bücher also nicht?
Kaum. Im Gegenteil: Es zeigt sich, je mehr Trump aus den richtigen Kreisen angegriffen wird, desto mehr kann er sich als Opfer und unter Beschuss stehend positionieren. Daran wird ein Enthüllungsbuch von Bob Woodward von der «Washington Post» nichts ändern. Im Gegenteil: Trump wird es ausschlachten. Er wird darauf hinweisen, dass er auch dort noch unter Beschuss gerät. In den Teilen der amerikanischen Wählerschaft, die Trump den Rücken decken, wird sich das Buch sicherlich nicht gut verkaufen – egal, was bei den Enthüllungen rauskommt.
Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.