Gleich in seiner ersten Amtswoche schritt Joe Biden zur Tat. Er stoppte neue Lizenzverträge für Öl- und Gas-Bohrungen auf bundeseigenem Boden – zum Ärger der Ölproduzenten, die während den Trump-Jahren rekordhohe Mengen von Rohöl und Gas förderten. New Mexico hat seine Fördermenge seit 2011 verfünffacht.
«Der Lizenzstopp schadet uns spürbar», sagt Raye Miller. Er betreibt im Ölgebiet des «Permian Basin» zehn Frackinganlagen und sitzt im Vorstand der «New Mexico Oil and Gas Association». Für den Betrieb einer Ölpumpe brauche es laufend Bewilligungen, doch die Regierung stelle diese nicht mehr aus. Die Klimapolitik in Washington bedrohe die US-Ölindustrie, sagt Miller, und rund 60’000 Jobs allein in New Mexico.
Neues Mekka für erneuerbare Energien
Die Petro-Industrie ist eine Haupteinnahmequelle für die Staatskasse von New Mexico und finanziert auch das Bildungswesen. Im Jahr 2020 deckten Petro-Dollar rund einen Drittel der Staats-Ausgaben von New Mexico aus. «Das macht eine Energiewende von Öl und Gas hin zu nachhaltiger Energie so komplex», sagt die Energie-Ökonomin der Universität New Mexico, Janie Chermak. «Man kann eine Wirtschaft nicht über Nacht umbauen.» Dabei wird New Mexico gerade zum Mekka für erneuerbare Energie.
«Western Spirit» wird Ende 2021 über 1000 Megawatt Strom in eine neu erstellte Hochspannungsleitung speisen. Der Strom wird über Arizona nach Los Angeles geleitet, wo er rund eine halbe Million Haushalte versorgen wird. Politlobbyist Johnny Casana schwärmt: «Es gibt keinen besseren Ort für die Ressource Wind als die Hochebene von New Mexico.»
Insgesamt habe der Konzern rund dreieinhalb Milliarden Dollar in New Mexicos Windenergie investiert, und das sei erst der Anfang. «Es ist eigentlich egal, ob das Klima profitiert, die Gross-Unternehmen steigen so oder so ins lukrative Geschäft mit dem Wind ein». Casana ist optimistisch, dass die USA ihr Klimaziel, 100 Prozent grüner Strom bis 2035, erreichen werden.
Sonne im Überfluss
Ähnlichen Optimismus versprüht der Bürgermeister von Albuquerque, Tim Keller. Er will die Stadtbetriebe bis in vier Jahren CO2-neutral machen, dank Sonnenenergie.
Die Ressource Sonne ist in New Mexico eben so üppig vorhanden wie der Wind. Die Stadt Albuquerque investiert gerade in eine Sonnenanlage auf 160 Hektaren Stammes-Land der Jirillia-Apachen. «Erstens können wir billigen Strom produzieren, und zweitens lassen sich dadurch Unternehmen nach Albuquerque locken,» sagt der Bürgermeister der von Armut und Verbrechen geplagten Stadt.
Die Macht des Öls
In New Mexico erleben die erneuerbaren Energien ein Bonanza, doch der Staatskasse droht ein Milliarden-Dollar-Loch wegen fehlenden Einkünften aus der Ölindustrie. Kein Wunder bat demokratische Gouverneurin Michelle Lujan Grisham, eine Befürworterin der Klimaziele Bidens, den US-Präsidenten, doch bitte die heimische Ölindustrie in Ruhe zu lassen.
Und die Mitglieder der Finanzkommission stellen an einer Tagung am Raumfahrthafen «Spaceport» drastische Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen in Aussicht, falls die Biden-Regierung das Öl-Moratorium weiterführe.
New Mexico ist nur einer von rund 12-US-Bundestaaten, die von der Öl- und Gasindustrie abhängig sind. In diesen Regionen sind erneuerbare Energien populär, solange sie nicht die Macht des Öls antasten.