Die Anzahl Coronainfektionen in Italien steigt stark an – immer noch. Bis auf Apotheken und Lebensmittelläden bleibt alles zu. Am stärksten betroffen ist Norditalien. Die Spitäler dort stehen angeblich vor dem Kollaps. Der Bürgermeister von Bergamo sagte, alle Betten seien belegt, neue Patienten könnten nicht aufgenommen werden. Ärzte müssten eine Auswahl treffen.
Diese Behauptung ist von offizieller Stelle scharf zurückgewiesen worden – unter anderem auch von Roberto Fumagalli, dem verantwortlichen Oberarzt auf der Intensivstation des Spitals Niguarda in Mailand. Es werde niemand unbehandelt gelassen, sagt er. Es gebe auf den Intensivstationen keine Auswahl nach Alter. Es gebe ausserdem auch nur sehr wenige junge Patienten. Alle älteren würden an Beatmungsgeräte angeschlossen.
«Fumagalli geht damit also genau auf die Punkte ein, die hier in Italien zwischenzeitlich fast schon für Panik gesorgt hatten», sagt die Journalistin Kirstin Hausen. Sie verfolgt die Lage in Italien genau.
Grosse Umverlegungsaktion
«Richtig ist aber auch: Es fehlt an Betten auf Intensivstationen, und das führt zu Umverlegungen», so Hausen. Erkrankte in Spitälern würden in anderen Regionen wie ins Aostatal oder das Trentino verlegt. Dies geschehe nach medizinischen Kriterien, betonte Giacomo Caselli, der im Krisenstab der Region Lombardei die Zusammenarbeit der Intensivstationen koordiniert.
Er schloss dabei allerdings nicht aus, dass es in Zukunft zu einer Triage kommen könnte, wenn das Virus sich weiterhin so schnell wie bisher ausbreite. «Die Situation ist und bleibt im Moment also dramatisch», sagt Hausen. An einem Tag sei die Zahl der verfügbaren Betten auf Intensivstationen um mehr als 600 aufgestockt worden.
«Operationssäle und Korridore werden genutzt, Patienten werden auf anderen Stationen zusammengelegt», weiss die Journalistin. «In Brescia gibt es eine Art Feldlazarett unter einem Zeltdach. Dort werden aber nicht die Schwerkranken behandelt, sondern nur die leichteren Fälle.»
Die Regierung in Rom prüfe derzeit einen Vorschlag, den die Lombardei eingebracht habe. «Dabei geht es um 600 neue Plätze für Intensivtherapie, die man auf dem Gelände der Mailänder Messe schaffen möchte – also auf einer Fläche von 12'000 Quadratmetern», erklärt die Journalistin.
Mailänder Messe bietet Hilfe an
Die Mailänder Messe habe angeboten, die Struktur mit Fertigbauteilen in kürzester Zeit aufzubauen. Weiter bräuchte es noch die entsprechende medizinische Ausrüstung, die Geräte und das nötige Personal. «Man rechnet mit einem Arzt pro acht Patienten und einem Krankenpfleger, einer Krankenpflegerin pro drei Patienten», so Hausen. Das Tempo der Ausbreitung des Virus sei jetzt das grösste Problem: «Wenn es so weitergeht, dann hat Italien in etwa einer Woche wirklich ein ganz ernsthaftes Problem.»