SRF News: Welche Einschnitte sehen die Sparmassnahmen konkret vor und wen treffen sie besonders?
Rodothea Seralidou: Es geht um Rentenkürzungen von bis zu 18 Prozent – dadurch will Athen 2,5 Milliarden Euro einsparen – und um eine Senkung des Steuer-Freibetrags von 8700 auf 5700 Euro pro Jahr. Künftig werden also auch Griechen und Griechinnen Steuern bezahlen müssen, die weniger als 500 Euro pro Monat verdienen. Zwar hatte sich die griechische Regierung lange gegen eine erneute Belastung der Rentner und der ärmeren Menschen gestellt.
Zuletzt wollte sie wohl aber vor allem die Verhandlungen mit den Geldgebern beenden, um so grünes Licht für die nächste Geldspritze zu erhalten. Die einfachste Lösung war da wohl, die Renten zu senken und die Steuern zu erhöhen. Wer dabei einmal mehr ungeschoren davonkommt, sind die griechischen Superreichen. Sie haben ihre Schäfchen schon lange ins Trockene gebracht. Theoretisch werden sie zwar mit 45 Prozent auf dem Einkommen besteuert, doch die meisten von ihnen umgehen das: Die Unternehmen wurden ins Ausland verlagert und ihre Luxusautos haben bulgarische Kennzeichen. Ausserdem verfügen sie über viel Schwarzgeld, an welches der Staat nicht herankommt.
Ist bei den Rentnern überhaupt noch etwas zu holen?
Es sind nicht alle in derselben Lage: Wer etwa bisher mehr als 1000 Euro Rente erhalten hatte, kann wohl auch mit 900 Euro Rente leben. Das Problem aber ist, dass von einer Rente oftmals ganze Familien über die Runde kommen müssen. So erhalten in einer Familie beispielsweise die Grosseltern eine Rente, doch ihre arbeitslosen Kinder und Grosskinder werden vom Staat in keiner Weise unterstützt – alle müssen also irgendwie von der Rente leben. Deshalb werden die neuen Kürzungen die Lage von vielen Menschen in Griechenland definitiv verschlechtern. Die Befürchtung besteht, dass viele verelenden werden.
Von einer einzigen Rente müssen oft ganze Familien, Kinder und Grosskinder über die Runden kommen.
Griechenland müsste für Investoren attraktiver werden, heisst es immer. Nur so würden Arbeitsplätze geschaffen und ein Ausweg aus der langjährigen Rezession möglich. Gehen da die neuen Einschnitte nicht genau in die entgegengesetzte Richtung?
Tatsächlich: Mit den Rentenkürzungen und den Steuererhöhungen allein kann man das Staatsbudget vielleicht kurzfristig etwas verbessern. Doch langfristig wäre es wohl sinnvoller, die Steuern zu senken, anstatt zu erhöhen. So würden mehr neue Unternehmen ins Land kommen und jene, die schon hier sind, wären erfolgreicher und könnten mehr Arbeitsplätze schaffen. Deshalb geht wohl nicht nur das neuste Sparpaket, sondern die ganze Sparpolitik der letzten Jahre in die falsche Richtung. Um dies zu ändern, müsste allerdings bei den Geldgebern ein Umdenken stattfinden. Sie sind es, die auf diesen Einschnitten beharren.
Das Gespräch führte Claudia Weber.