SRF News: Erneut hat Nordkorea einen Raketentest durchgeführt. Zudem behauptet das Regime in Pjöngjang, dass das kommunistische Land in der Lage sei, Atombomben auf Langstreckenraketen zu montieren. Was bedeutet das?
Martin Fritz: Damit ist das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas komplett. Alle Karten liegen auf dem Tisch und Nordkorea will folgendes Signal aussenden: Wir sind eine Atommacht – und das kann uns niemand mehr wegnehmen. Aufgrund dieser Grundlage will Pjöngjang die Beziehungen zu den USA verbessern.
Nordkorea will lediglich gute Beziehungen zu den USA?
Das ist das ultimative Ziel dieser Politik, ja. Seit Jahrzehnten wird über einen Friedensvertrag gesprochen, der den Koreakrieg endgültig beenden soll. Dafür müssen sich die USA und Nordkorea aber an einen Tisch setzen. Das wollen die Kim-Herrscher in Pjöngjang erreichen. Bevor sie sich an den Verhandlungstisch setzen, haben sie sich aber durch diese atomare Abschreckung unangreifbar gemacht. Damit können sie aus einer Position der Stärke heraus verhandeln.
Bevor sich die Nordkoreaner an den Verhandlungstisch setzen, haben sie sich durch die atomare Abschreckung unangreifbar gemacht.
Wäre es nicht einfacher, auf diplomatischen Weg eine Einigung zu erzielen?
Sie sehen ja am Verhalten der USA, dass Washington Nordkorea als Bedrohung immer noch nicht ernst nimmt. Erst seit Pjöngjang seine Fähigkeiten mittels einer Interkontinentalrakete demonstriert hat, sind die Amerikaner aufgewacht.
Zuvor wurde bereits Südkorea und Japan mit Mittelstreckenraketen und Atombomben bedroht. Das hat Washington aber nicht sonderlich aus der Ruhe gebracht. Seit die nordkoreanischen Raketen US-Territorium erreichen können, ist das anders – und das will Nordkorea erreichen: Die USA sollen sich endlich bewegen.
Ich denke, dieser junge Kim ist ein guter Stratege und Pokerspieler.
Also bedeutet das: Je mehr die USA drohen, desto besser für Kim Jong Un?
Ich denke, dieser junge Kim ist ein guter Stratege und Pokerspieler. Im Prinzip ist sein Blatt schlecht. Sein Land ist klein und arm. Die Armee verfügt über veraltete Waffen. Die wenigen guten Karten sind seine Raketen und Atombomben.
Diese setzt er jedoch sehr effizient ein. Zudem betrachtet Kim US-Präsident Trump wie auch den chinesischen Präsidenten Xi als Papiertiger. Aus seiner Sicht stellen die Drohungen mit Militäreinsatz und Handelssanktionen hohle Drohungen dar.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger
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