«Sozialismus ist unsere Zukunft und unser Leben – für unser glorreiches und mächtiges Land»: Ein nordkoreanisches Musikvideo besingt die Planwirtschaft, und zeigt dazu zufriedene Bauern, lachende Arbeiter und klatschende Abgeordnete. Der passende Titel des Schlagers: «Sozialismus ist der einzige Weg».
Ob das wirklich stimmt, scheint fraglich. Denn schon jetzt gibt es in Nordkorea neben der staatlichen Planwirtschaft auch eine blühende Schattenwirtschaft. Wer das nötige Geld hat, kann sich fast alles kaufen.
Noch keine richtige Marktwirtschaft
«Nur ist das noch lange keine Marktwirtschaft», sagt der nordkoreanische Wirtschaftsexperte Kim Kwang-jin. Kim arbeitet für Südkoreas Institut für Nationale Sicherheit. Für eine richtige Marktwirtschaft, sagt er, müsste Nordkorea noch einiges unternehmen: «Sie müssten das Währungssystem ändern, sie müssten einen Finanzmarkt und private Firmen erlauben.»
Zurzeit dürften die Menschen zwar Geschäfte machen, die Unternehmen, die Gebäude, die Produktionsmittel gehörten ihnen aber nicht.
In Nordkoreas Nachbarstaaten gibt es dennoch Hoffnung, dass sich das Land dem Kapitalismus weiter öffnen wird. So steigen laut Medienberichten die Landpreise entlang der innerkoreanischen Grenze in Südkorea. Auch in China sollen die Immobilienpreise an der nordkoreanischen Grenze gestiegen sein.
Es gibt viele Investitionsmöglichkeiten
Und der südkoreanische Grosskonzern «Lotte Group» will eine Task Force einrichten, die einen zukünftigen Markteintritt in Nordkorea untersucht. Professor Kim Ilhan vom Nordkorea-Forschungsinstitut an der Dongguk Universität in Seoul sieht eine Reihe an Investitionsmöglichkeiten: «Südkorea, China und Russland könnten in die Infrastruktur investieren, in Transportwege, die die Länder via Nordkorea verbinden. Eisenbahnverbindungen, Strassen, ein Strom- und Gasnetz. Währenddessen könnte Nordkorea spezielle Wirtschaftszonen einrichten.»
China wir der erste Investor sein
Mit den aktuellen Wirtschaftssanktionen sind solche Investitionen aber nicht möglich. Sobald diese aufgehoben werden, würde etwa China sehr schnell investieren, sagt der chinesische Nordkorea-Experte, Steve Chung der Chinese University in Hongkong.
«Chinesische Investitionen werden die ersten sein, zum Beispiel in Joint-Venture-Unternehmen zwischen China und Nordkorea.» Danach würden andere Länder folgen, wie etwa die USA. Dies wäre eine wirtschaftliche Öffnung, wie sie in China bereits in den 80er Jahren stattgefunden habe. So sei Chinas eigene Reform- und Öffnungspolitik ein Vorbild für Nordkorea, sagt Chung, und zwar im Positiven wie Negativen. «Das Recht auf freie Meinungsäusserung, freien Internetzugang, das wird es nicht geben. Es wird eher so sein wie in China: Ein relativ liberales Wirtschaftsmodell, bei gleichzeitig rigoroser Kontrolle der Medien und Politik», sagt er.
Kim braucht stabile Verhältnisse
Wann diese Veränderung in Nordkorea eintreten wird, ist offen. «Zu diesem Zeitpunkt ist Kim Jong-uns Macht noch nicht stabil genug. Sollte die Marktwirtschaft das System durchschütteln, wäre Kims Regime in Gefahr», sagt Chung. Ein wirtschaftlicher Systemwechsel sei erst möglich, nachdem sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel beruhigt habe, sind sich Kim und Chung einig.
Die nordkoreanische Regierung wird ein solches Wagnis erst eingehen, wenn sie sich nicht mehr bedroht fühlt.