- Der Bürgermeister von Lesbos hat dem griechischen Parlamentspräsidenten geschrieben.
- Diesen Winter könne es zu einer Flüchtlingskrise wie der im Jahr 2015 kommen, warnt er.
- Helfer, die im Lager Moria im Einsatz sind, sagen, die Zustände seien kaum zu ertragen.
Sie habe schon viel gesehen, sagt Louise Roland-Gosselin. Sie koordiniert in Athen die Arbeit von rund 250 Mitarbeitern von «Ärzte ohne Grenzen». Roland-Gosselin hat in Kriegs- und Konfliktgebieten gearbeitet. Aber das, was sie im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos gesehen habe, habe sie schockiert, sagt sie.
Das geht auch Rodothea Seralidou so. Sie arbeitet als Journalistin in Griechenland und hat die Flüchtlingslager auf den ägäischen Inseln besucht – auch das berüchtigte Camp Moria. Die Zustände dort seien besorgniserregend, bestätigt sie. «Der Grund dafür ist, dass in letzter Zeit wieder vermehrt Flüchtlinge auf den griechischen Inseln ankommen.» Allein im September waren es 2000 Menschen. Die meisten von ihnen gingen in Lesbos an Land.
Die Angst ist gross, dass die Türkei den Flüchtlingsdeal mit der EU aufkündigt und die Kontrollen vor ihrer Küste seinlässt.
Davor hatte es Tage gegeben, an denen kein einziger Migrant ankam, weiss Seralidou. Doch nun seien die Lager wieder mehr als voll. Das habe den Bürgermeister von Lesbos veranlasst, einen warnenden Brief nach Athen zu schicken. Denn die Lager winterfest zu machen, obliegt der zentralen Regierung.
Laut Menschenrechtsorganisationen ist davon momentan aber noch nicht viel zu sehen. Das weckt böse Erinnerungen. «Wir haben hier alle noch die Bilder vom letzten Winter vor Augen», sagt die Journalistin. «Bilder von zugeschneiten Zelten, von Menschen, die starben, weil sie in ihrem Zelt Feuer gemacht hatten, um sich aufzuwärmen.» Dass sich dies wiederhole, sei nicht auszuschliessen.
Hinzu komme: «Die Angst ist gross, dass die Türkei den Flüchtlingsdeal mit der EU aufkündigt und die Kontrollen vor ihrer Küste seinlässt.» Das würde bedeuten, das die Flüchtlingszahlen in Griechenland noch einmal massiv ansteigen würden.