Das Mercosur-Abkommen hat eine lange Historie. Seit mehr als 20 Jahren verhandeln die EU und die Mercosur-Staaten über ein Freihandelsabkommen. Jetzt ist die Ziellinie erreicht – zumindest die verhandlungstechnische.
Lichtblick für die Industrie …
Der Verhandlungserfolg kommt für die EU in schwierigen Zeiten: Europa ist wirtschaftlich unter Druck. Der künftige US-Präsident Donald Trump dürfte mit seiner Zollpolitik diesen Druck noch erhöhen. Und auch Chinas Subventionen für die eigene Wirtschaft machen Europa zu schaffen. In diesem Umfeld ist der erfolgreiche Abschluss des Mercosur-Abkommens für Ursula von der Leyen und die EU-Kommission ein Erfolg.
Das Abkommen mit den Mercosur-Staaten würde für die europäische Wirtschaft neue Absatzmärkte öffnen. Autos, Pharmaprodukte oder Maschinen könnten künftig einfacher nach Südamerika exportiert werden. Ein Lichtblick in zunehmend düsteren Zeiten für die europäische Industrie.
… aber ein Problem für die Bauern
Doch die EU-Kommission geht auch ein Risiko ein. Denn sie schliesst die Verhandlungen gegen den erklärten Willen Frankreichs ab. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der EU stellt sich seit Jahren gegen das Abkommen. Hauptgrund: die Bedenken der heimischen Landwirtschaft. Diese stellt sich, unterstützt von Landwirten aus ganz Europa, gegen die Importe von landwirtschaftlichen Produkten – insbesondere von Rindfleisch – aus Südamerika.
Dass das nun ausverhandelte Abkommen je in Kraft tritt, ist denn auch alles andere als sicher. Nebst der Zustimmung des EU-Parlaments braucht es dafür auch noch die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der EU-Staaten: Das sind mindestens 15 Staaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Falls sich grosse Staaten wie Polen oder Italien dem Widerstand Frankreichs anschliessen, droht dem Abkommen das Aus.
Bis die EU-Staaten definitiv über das Mercosur-Abkommen entscheiden, dürfte es Herbst 2025 werden. So lange dauert es, bis der Vertrag juristisch ausformuliert und übersetzt ist. Es bleibt also noch viel Zeit, um das Verhandlungsergebnis zu zerreden. Und vor allem bleibt noch viel Zeit für die europäischen Landwirte, um gegen das Abkommen mobil zu machen. Die europaweiten Bauernproteste dürften in den kommenden Monaten wieder deutlich Fahrt aufnehmen. Und diese sind in der europäischen Politik ein starker Hebel. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie die EU-Politik zu einer politischen Kehrtwende zwingen. Der «Beef» um das Rindfleisch aus Südamerika wird erst jetzt so richtig Fahrt aufnehmen.
Die Einigung bedeutet aber noch nicht, dass das Abkommen auch in Kraft treten wird.