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Slowakei: Aus für öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Aus Rendez-vous vom 21.06.2024. Bild: Keystone/Martin Divisek
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Öffentlich-rechtlicher Sender Slowakei: Parlament stimmt für Auflösung der Sendeanstalt RTVS

  • In der Slowakei hat das Parlament der Auflösung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt RTVS zugestimmt.
  • Am Ende stimmten alle 78 Abgeordneten der drei sozialdemokratischen und nationalistischen Regierungsparteien für das umstrittene Gesetz.
  • Die Parlamentarier der Opposition verliessen aus Protest den Sitzungssaal.

Die nationalistische Kulturministerin Martina Simkovicova und der linkspopulistische Ministerpräsident Robert Fico hatten die RTVS-Berichterstattung wiederholt als gegen sie voreingenommen kritisiert. Aufgrund der bestehenden Gesetzeslage konnten sie den Generaldirektor und sein Team nicht absetzen. Der Direktor war noch von einer früheren Parlamentsmehrheit für eine Amtsperiode bis 2027 gewählt worden.

Mit der formellen Auflösung des Senders fällt dieses Hindernis nun weg. Ab 1. Juli soll RTVS durch eine neue Sendeanstalt namens STVR ersetzt werden. Dann könnte auch eine neue Führung bestimmt werden.

Proteste erlahmten nach Attentat auf Regierungschef

Der Abstimmung in Bratislava am Donnerstagabend waren monatelange Proteste von Oppositionsparteien und RTVS-Mitarbeitenden vorausgegangen. Kritiker warfen der Regierung seit Monaten vor, den Sender durch ein willfähriges Sprachrohr der Regierung ersetzen zu wollen. Den oppositionellen Protestaufrufen waren in den ersten Monaten des Jahres wiederholt Zehntausende Menschen gefolgt.

Nach der Wahlniederlage der Opposition bei der Präsidentenwahl Anfang April und einem Attentat auf Regierungschef Fico am 15. Mai erlahmte die Protestbewegung jedoch. Zuletzt waren am Dienstag in Bratislava nur einige Hundert Menschen gegen die Regierung und ihre Medienpläne auf die Strasse gegangen. 

Was bedeutet die Sender-Auflösung für die Slowakei?

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Der Druck gegen Medienschaffende nimmt in der Slowakei massiv zu. Ministerpräsident Robert Fico sagte, die Änderungen seien notwendig, weil Rundfunk und Fernsehen voreingenommen seien und «im Konflikt mit der slowakischen Regierung» stünden. Was die Auflösung des Senders für die Slowakei bedeutet, erläutert Osteuropa-Korrespondent Roman Fillinger.

SRF News: Wie berechtigt ist diese Kritik?

Roman Fillinger: Ich halte diese Kritik für unberechtigt. Konflikte zwischen öffentlich-rechtlichen Medien und der slowakischen Regierung sind normal und bestanden auch mit der Vorgängerregierung, die zum anderen politischen Lager gehörte. Es scheint, dass Regierungschef Fico und seine Parteifreunde immer weniger bereit sind, sich mit kritischen Fragen auseinanderzusetzen. Fico und seine Leute kommunizieren lieber direkt über soziale Medien oder prorussische Fake-News-Kanäle, wo sie keine unangenehmen Fragen bekommen.

Warum ist das Verhältnis zwischen Journalisten und Politikern zerrüttet?

Politiker sind heute weniger auf Journalisten angewiesen, um ein breites Publikum zu erreichen, besonders durch soziale Medien. In der Slowakei wird seit der Aufteilung der Tschechoslowakei 1992 mit harten Bandagen politisiert. In den 90er Jahren dominierte Vladimir Meciar, und in den letzten Jahren fiel Fico durch abfällige Bemerkungen über Journalisten auf. Vor kurzem beschuldigte Fico ohne Beweise «regierungsfeindliche Medien», für ein Attentat auf ihn mitverantwortlich zu sein. Es scheint nicht, dass Fico das zerrüttete Verhältnis kitten will.

Was bedeutet die Auflösung des öffentlich-rechtlichen Senders für die slowakische Medienlandschaft?

Wenn die öffentlich-rechtlichen Medien tatsächlich auf Regierungslinie getrimmt werden, hinterlässt das vor allem in der slowakischen Fernsehlandschaft eine grosse Lücke. Fernsehen ist vor allem in der ländlichen Slowakei sehr wichtig, aber nur wenige Sender betreiben kritischen Journalismus. Auch beim privaten TV Markíza gibt es besorgniserregende Entwicklungen. Journalistinnen und Journalisten dort klagen, sie könnten nicht mehr frei berichten, der ganze Sender werde auf Boulevard getrimmt. Wenn sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Sender ihre kritische Berichterstattung verlieren, wird kritischer Journalismus hauptsächlich in Onlinezeitungen stattfinden. Diese sind in der Slowakei noch vielfältig.

Das Gespräch führte Radka Laubacher.

SRF 4 News, 21.06.2024, 04:00 Uhr ; 

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