Die Stimmung auf der Insel ist angespannt. «Die Ölkatastrophe ist für Mauritius eine existenzielle Bedrohung», sagt Peggy Burkhardt, eine deutsche Unternehmerin, die seit 22 Jahren dort lebt.
Der Tourismus ist für die 1.3 Millionen Einwohner von Mauritius die zentrale Einnahmequelle, auch für Burkhardt selbst. Die Coronakrise und die damit verbundene Grenzschliessung sei bereits ein schwerer Schlag gewesen. Doch die Umweltkatastrophe sei langfristig wohl sogar noch schlimmer.
«Es ist herzzerreissend»
Viele Touristen kämen vor allem wegen der Natur, den vielen Tieren und den traumhaften Stränden auf die Insel. Das alles ist durch das Öl stark gefährdet. «Man muss es sich vorstellen, wie wenn man durch Schneematsch oder durch Schlamm geht. Ich darf nicht an die Tiere denken, die das nicht überlebt haben. Das ist herzzerreissend.»
Der Geschmack von Öl liege immer in der Luft. Zu Hause, im Büro, beim Einkaufen. Die Menschen werden andauernd mit den Folgen dieser Umwelt-Katastrophe konfrontiert: «Mir kommen wieder die Tränen, wenn ich darüber nachdenke, was es wirklich für uns bedeutet.» Momentan könne sie sich nicht vorstellen, wie die Schäden je behoben werden sollen.
«Alles ist tot»
Burkhardt ist persönlich betroffen, da sie lokale Hotels darin berät, wie der Tourismus nachhaltig entwickelt werden kann. Wegen Corona musste Burkhard ihre Mitarbeiter bereits auf Teilzeitarbeit setzen. Die Zukunft ihres Unternehmens ist jetzt gleich doppelt ungewiss.
Die Ölkatastrophe trifft aber nicht nur den Tourismussektor, sondern auch den zweiten wichtigen Wirtschaftssektor des Landes, die Fischerei: «Die ganze Ostküste, dort, wo gefischt wird – alles ist tot.»
Als das Öl vor rund einer Woche aus dem japanischen Frachter ins Meer gelaufen sei, hätten die Inselbewohner sofort reagiert, noch vor den Behörden. Mit Stroh aus Zuckerrohr wurden notfallmässig Strümpfe gestopft, um das Öl aufzusaugen. Andere versuchten die Strände zu säubern, und haben dadurch wohl noch schlimmeres verhindert. Noch immer kämpfen täglich hunderte Freiwillige gegen die Ölpest, zusätzlich zu den professionellen Helferinnen und Helfer.»
Viele wütend auf die eigene Regierung
Frankreich, die Vereinten Nationen und Japan haben den Hilferuf der lokalen Regierung gehört und die Helfer geschickt, die nun mit den Behörden vor Ort zusammenarbeiten. In den letzten Tagen waren die Helfer vor allem damit beschäftigt, das verbliebene Öl – weitere 2000 Tonnen – aus dem Frachter zu pumpen, bevor das Schiff endgültig auseinanderbricht. Mit Erfolg, wie der Premierminister gestern mitteilte.
Dennoch sind viele auf Mauritius wütend auf die eigene Regierung. Diese habe zu lange abgewartet und die Bevölkerung im Stich gelassen, so der Vorwurf. Sie könne die Wut verstehen, sagt Burkhardt: «Es wird nicht lange dauern, bis da etwas zum Kochen kommt.»
Peggy Burkhardt ist vor 22 Jahren aus dem Allgäu in der Nähe des Bodensees nach Mauritius gezogen. Sie habe sich in den Ferien in die Insel verliebt und ist dann einfach geblieben, bis jetzt. Bereut habe sie es bisher nicht. In die Zukunft blickt sie aber pessimistisch: «Es kann bestimmt wieder schön werden. Aber so wie es vorher war, werde ich es nicht mehr erleben.»
Aber aufgeben will die deutsche Unternehmerin nicht. Auf Facebook sammelt sie nun Spendengelder für ihre Wahlheimat Mauritius.