Die Vilakazi-Strasse, dort wo einst Nelson Mandela und Desmond Tutu lebten, gehört zu den beliebtesten Touristenattraktionen um Johannesburg. Es regnet in Strömen, die dunklen Wolkenberge sind ein beinah perfektes Symbol dafür, wie es in den südafrikanischen Seelen aussieht: düster, ja finster.
Nach langer, Lockdown bedingter Absenz sind wieder Touristinnen aus dem Ausland aufgetaucht, und von ihnen profitierten alle: Restaurantbesitzer, Parkwächter, Souvenirverkäuferinnen. Jetzt stehen alle sprichwörtlich im Regen und verstehen die Welt nicht mehr. «Uns hat man gesagt, dass wir, wenn zweimal geimpft, wieder ein normales Leben vor uns haben», sagt einer der Parkwächter. «Nun haben wir jedoch wieder gar nichts mehr, es fängt alles wieder von vorne an. Wir haben von den Touristen aus Europa gelebt. Unsere Weihnachten wird sehr traurig aussehen.»
Die Frau mit dem kleinen Souvenirladen ist ebenfalls schockiert: «Bei uns sind die Fallzahlen ja noch nicht so hoch und zudem haben wir doch mittlerweile gelernt, mit Covid-19 zu leben, so wie wir das mit HIV/Aids und Tuberkulose tun, es gibt doch gar keinen Grund, dass wir nun von der Welt ausgeschlossen werden und wir dafür bezahlen müssen.»
Mit diesen Worten spricht sie sogar dem Gesundheitsminister aus dem Herzen, der am Freitagabend am Staatssender sagte, dass Südafrika für das schnelle Sequenzieren der heute als Omikron bekannten Mutation bestraft worden und zum Aussenseiter abgestempelt worden sei, statt dass man solidarisch zusammen arbeite. Südafrika sei von der Welt im Stich gelassen worden.
Rückschritt nach vielversprechendem Neustart
Alle in Südafrika sind schockiert, vor allem jene, die wie die Souvenirverkäufer in der Tourismusbranche arbeiten und das sind rund drei Millionen Menschen. Sie alle hängen von den Touristen aus dem Ausland ab. Nachdem sie letztes Jahr mehr als sechs Monate in Südafrika eingeschlossen waren – als man in Europa bereits wieder etwas reisen konnte, mussten sie nur zwei Monate später hilflos zusehen, wie die Weltgemeinschaft die Grenzen schloss, wegen der damaligen Beta-Mutation.
Doch nun haben sich alle aufgerafft und von Kapstadt bis Johannesburg füllten sich die Hotels, der einst menschenleere Flughafen wirkte beinah wie vor Covid-19-Zeiten.
«Es war so vielversprechend», sagt Lisa von Moricz, eine Schweizerin, die seit über 30 Jahren ein Reisebüro in Johannesburg führt. «Ich hatte wieder viele Buchungen, wir starteten richtig toll in die Hochsaison.» Sie sitzt alleine in ihrem Büro, vor ihr ein Stapel von Stornierungen. Sie ist den Tränen nahe. «Wir sind wirklich verzweifelt, wir wissen auch nicht wie weiter. Nun müssen wir erst, wie schon einmal, alle hier Gestrandeten aus dem Land bringen, das ist für sich ein Albtraum. Ständig streicht eine neue Fluggesellschaft ihre Flüge.»
Die Schweizerin brauchte bereits enormen Durchhaltewillen, um die letzten 20 Monate zu überleben. Und trotz der erneuten Hiobsbotschaft – sie gibt auch jetzt nicht auf. «Aufgeben ist keine Option, ich kann nur hoffen, ganz ganz fest, dass diese neue Mutation vielleicht doch nicht so schlimm ist.»
An diese Hoffnung klammern sich in Südafrika alle, doch wie schlimm Omikron ist, wird sich erst in einigen Wochen zeigen und bis dann ist der wirtschaftliche Schaden, den die Flugverbote angerichtet haben, nicht wiedergutzumachen.