Neue Führung der HDP: Gewählt wurden Pervin Buldan und Sesai Temelli. Temelli ist ein Linker, er ist in der Partei weitgehend unbekannt. Er hat als Ökonom an einer Universität in Istanbul gelehrt und wurde 2016 im Zuge der Säuberungen entlassen. Buldan hingegen ist sehr bekannt. Ihr Mann wurde in den 1990er-Jahren verschleppt und ermordet. «Buldan repräsentiert die Opfer der Repression des türkischen Staates», sagt die Journalistin Inga Rogg. Buldan war auch Mitglied einer Verhandlungsdelegation mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.
Partei der türkischen Kurden: Die Halkların Demokratik Partisi (HDP) ist eine linksgerichtete politische Partei in der Türkei. Sie befürwortet Minderheitenrechte, insbesondere für die Kurden. Die Partei verurteilt den türkischen Militäreinsatz gegen die syrischen Kurden in syrischen Afrin scharf.
Neues Führungsduo: Die Wahl war nötig, weil der bisherige Parteivorsitzende Selahattin Demirtas seit 15 Monaten wegen Terrorvorwürfen in Haft sitzt und nicht mehr antreten wollte. Seine Ko-Vorsitzende Serpil Kemalbay stand ebenfalls nicht mehr zur Wahl.
Partei unter Druck der Regierung: «Erdogan duldet keinen Widerspruch, und daran wird sich auch nichts ändern», sagt Journalistin Inga Rogg klar. Doch die Partei selbst rechnet damit, dass sie 2019 wieder ins Parlament gewählt wird. An der Ausrichtung der Partei wird sich trotz des Führungswechsels nichts ändern.
Droht der neuen Führung nicht auch eine Inhaftierung? Diese Gefahr droht allen HDP-Politikern und sonstigen Oppositionellen. Doch Rogg sagt: «Bis jetzt ist die Regierung davor zurückgeschreckt, Pervin Buldan zu verhaften.» Jedoch hat die türkische Justiz bereits Ermittlungen gegen Buldan wegen «Terrorpropaganda» eingeleitet – gerade mal einen Tag nach ihrer Wahl zur Co-Vorsitzenden der HDP. Grund sei ihre Kritik an der türkischen Offensive gegen die syrischen Kurden in Afrin, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu.