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Nach dem Protestsommer ein Herbst der Repression
Aus Rendez-vous vom 25.10.2019. Bild: Keystone
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Opposition in Russland «Die Leute sind eingeschüchtert – viele haben Angst»

Raues Klima: Auf die Demonstrationen im Sommer folgt nun Repression in Russland. Ein Betroffener erzählt.

Er heisst nicht Anton, aber hier wird er so genannt. Seinen richtigen Namen möchte er nicht veröffentlicht haben. Sogar seine Stimme soll verfremdet werden. Denn Anton hat Angst. «Ich habe Angst, dass mein Interview jemanden im Machtapparat wütend machen könnte», sagt der junge Mann.

Grossdemonstrationen in Moskau 2019

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Russland hat einen politisch heissen Sommer erlebt. In der Hauptstadt Moskau demonstrierten mehrfach tausende Menschen für mehr Demokratie.

Nun geht Russland durch einen Herbst der Repression. Zahlreiche Aktivisten sind in Haft, es kommt regelmässig zu neuen Festnahmen und Prozessen. Der Staat versucht, die Oppositionsbewegung mit aller Macht zu unterdrücken.

Anton lebt in Moskau und ist einer von über 2000 Bürgern, die diesen Sommer bei Demonstrationen festgenommen wurden. Mehrfach hat die liberale Opposition für freie und faire Wahlen demonstriert. Die Staatsmacht antwortete mit Gewalt und juristischer Verfolgung.

Stundenlang festgehalten

«Ein Zivilpolizist hat auf mich gezeigt, dann haben mich Beamte festgenommen», erinnert sich Anton an den Tag, an dem er in die Mühlen der russischen Justiz geriet. Stundenlang wurde er auf einer Polizeiwache festgehalten.

Schliesslich erhoben die Behörden wegen «Teilnahme an einer ungenehmigten Demonstration» Anklage gegen ihn. In erster Instanz wurde Anton zu einer Busse von umgerechnet rund 200 Franken verurteilt.

Er sagt: «Ich akzeptiere dieses Urteil nicht, denn ich bin unschuldig. Ich werde deswegen bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. Ich will es dem System so schwer wie möglich machen, mich zu bestrafen.»

Tricksen und bestrafen

Anton geht es ums Prinzip. Finanziell wäre es für ihn kein Problem, die Busse einfach zu bezahlen. Aber als Bürger fühlt er sich vom Staat ungerecht behandelt. Erst tricksten die Mächtigen bei den Wahlen und nun soll auch noch eine Strafe bekommen, wer sich dagegen wehrt.

Er lässt so etwas nicht auf sich sitzen. «Wenn ich jetzt schweige, werde ich mir das später nicht verzeihen.» Aber juristisch gesehen hat der Aktivist nicht die besten Karten. Die Demonstrationen dieses Sommers waren zum grössten Teil nicht genehmigt, auch jene nicht, an der er festgenommen wurde.

Allerdings ist es für viele Oppositionelle sehr schwierig, legal eine Demo anmelden zu können. Die russischen Gesetze sind so restriktiv, dass eine freie Meinungsäusserung oft gar nicht mehr möglich ist. Dazu kommt ein massiver juristischer Druck gegen Andersdenkende. Regelmässig kommt es zu Festnahmen, Hausdurchsuchungen, mehrere Prozesse sind am Laufen.

Einschüchterungstaktik wirkt

Das drücke auf die Stimmung, schildert Anton. «Die Leute sind eingeschüchtert. Viele haben Angst. An die letzte Demo musste ich fast alleine gehen. Alle meine Freunde fürchteten sich.»

Das innenpolitische Klima ist nach diesem Sommer deutlich kälter geworden. Viele politisch interessierte Russen schauen mit Sorge in die Zukunft. Anton sagt, die Staatsmacht habe zwei Möglichkeiten: «Entweder sie sagt: ‹Ok, wir haben verstanden, die nächsten Wahlen werden frei und fair›, oder sie zieht die Schrauben einfach immer mehr an.»

Für ihn sei allerdings klar, in welche Richtung es geht, nämlich Richtung immer mehr und immer härterer Repression.

Menschenrechtsrat war zu unabhängig

Tatsächlich sprechen die Zeichen dafür, dass der Kreml in Zukunft noch weniger Widerspruch dulden wird. So wurde vor kurzem bekannt, dass der staatliche Menschenrechtsrat personell erneuert wird. Das Gremium hat bloss beratende Funktion und keine reale Macht. Aber es erlaubte sich immer wieder unabhängige Positionen.

Der Rat kritisierte diesen Sommer das harte Vorgehen der Polizei gegen friedliche Demonstranten. Für den Kreml war das offenbar zu viel. Präsident Putin hat per Dekret alle kritischen Ratsmitglieder entlassen und durch loyale Leute ersetzt.

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