- Das schwedische Parlament hat dem Regierungschef Stefan Löfven sein Misstrauen ausgesprochen.
- 181 der insgesamt 349 Abgeordneten im Reichstag in Stockholm stimmten gegen den seit 2014 regierenden Ministerpräsidenten.
Damit ist Löfven der erste schwedische Ministerpräsident, der im Amt eine solche Misstrauensabstimmung verloren hat. Er hat nun zwei Möglichkeiten: Er tritt entweder mitsamt seiner Regierung zurück oder er ruft innerhalb von einer Woche Neuwahlen aus. Wie er sich entscheidet, ist noch offen.
Er wolle sich zuvor mit anderen Parteien beraten, sagte Löfven in Stockholm. Sein Fokus liege stets darauf, was das Beste für Schweden sei. Es sei sehr wichtig, alle Möglichkeiten genau zu überdenken. Wann er seine Entscheidung bekannt geben will, sagte der 63-Jährige nicht.
Entwurf eines Mietgesetzes brüskierte die Linken
Löfven und seine Sozialdemokraten führen Schweden bislang in einer Minderheitsregierung mit den Grünen. Diese rot-grüne Regierung wurde von der Zentrumspartei und den Liberalen toleriert, mit denen Löfven dafür Anfang 2019 ein politisches Übereinkommen eingegangen war. Dabei hatten sich die beteiligten Parteien nach zähen Verhandlungen auf eine seltene Zusammenarbeit über die traditionellen Blockgrenzen hinweg verständigt.
Ausserhalb dieser Konstellation war Löfven zudem auf die Unterstützung der Linkspartei angewiesen, die nun aber Sturm gegen einen Vorschlag zur freien Mietpreisfestsetzung für Neubauten läuft. Auch ein am Sonntag von Löfven und Zentrum-Chefin Annie Lööf veröffentlichter Kompromissvorschlag änderte daran nichts. Die Linken halten den Vorschlag für nicht vereinbar mit dem schwedischen Sozialmodell und wollen, dass er gänzlich fallengelassen wird.
Krise während der Pandemie verhindern
Vor diesem Hintergrund hatten die rechtspopulistischen Schwedendemokraten am Donnerstag einen Misstrauensantrag gegen Löfven eingereicht. Mehrere Oppositionsparteien, darunter neben den Moderaten und den Christdemokraten auch besagte Linkspartei, kündigten daraufhin an, gegen Löfven zu stimmen.
Der 63-jährige Löfven hat das Vorgehen der beteiligten Parteien auch angesichts der anhaltenden Coronalage kritisiert. Man befinde sich nach wie vor in einer Pandemie – Schweden in dieser Lage in eine politische Krise zu versetzen, sei nicht das, was das Land benötige, sagte er zuletzt am Sonntag.
Ordentliche Wahlen in einem Jahr
Die nächste Parlamentswahl ist in Schweden eigentlich erst im September 2022 vorgesehen. Diese wird turnusmässig auch dann zu diesem Zeitpunkt stattfinden, wenn es nun in den kommenden drei Monaten eine Neuwahl geben sollte.
Kündigt Löfven seinen Rücktritt an, kann Parlamentspräsident Andreas Norlén Verhandlungen mit den Parteien zur Suche nach einem neuen Regierungschef einleiten. Da sich an der Zusammensetzung des Reichstags dabei nichts ändern würde, könnte das darauf hinauslaufen, dass Löfven wieder Ministerpräsident wird.